Schützen statt durchseuchen!

Der Begriff „durchseuchen“ klingt so schlimm, wie er ist. Contaminieren, heißt es im Fachbegriff. Mit Blick auf meinen Arbeitsplatz, eine Oberstufenschule, scheint dies aber die Strategie des Bildungsministeriums bzw. der ihm untergeordneten Instanzen zu sein. Am Beginn der 5. Welle wurden alle Schulen geöffnet – egal ob Volksschul- oder Oberstufenklassen. Am zweiten Schultag nach den Weihnachtsferien gab es in Österreich mit über 17.000 frisch Infizierten einen neuen Höchstwert. Wissenschaftliche Berechnungen zeigen, dass es bis zu 30.000 werden könnten. Wäre nicht aber ein differenziertes Vorgehen bei den Schulöffnungen möglich gewesen – z.B. für Oberstufenschülerinnen und -schüler noch ein Umstellen auf Distance-Learning, das sie selbst und ihre Lehrpersonen in den letzten zwei Jahren doch längst schon gelernt haben sollten? Schule ist eben nicht gleich Schule. Will man in Kauf nehmen, dass Omikron durch die Schulen rauscht und damit auch die Kollateralschäden bis hin zu Post-Covid-Symptomen bei einem Teil der Infizierten? Die Schule sollte auf MNS achten. Das ist richtig. Es geschieht auch im Unterricht – teils mit sehr mühsamem Ermahnen. Und dann sind die Pausen – und Schülerinnen und Schüler gehen (Oberstufe!) doch ihrem Bedürfnis nach körperlicher Nähe nach und die pandemische Situation ist sofort vergessen. Die FFP-2-Maskenpflicht wird leicht zur Pseudo-Maskerade. Die Äußerung der Schulverantwortlichen, dass die Schulen „sichere Orte“ seien, ist praxisfernes Wunschdenken jener, die die Schulen nur mehr von außen kennen. Sie sind nicht in den Klassenzimmern, wo es eben keine Luftfilter gibt und das CO-2-Messgerät, das ich seit Wochen als treuen Begleiter in den Unterricht mitnehme, schon nach wenigen Minuten rot aufleuchtet und zu piepsen beginnt. Wenn Bildungsminister Martin Polaschek beruhigend meint, in den Schulen würden ohnehin strenge Regeln gelten, dann stellt er nicht die Praxisfrage, wie solche Regeln auch tatsächlich eingehalten werden können. Sollen Schülerinnen und Schüler in relativ engen Klassensituationen sechs Stunden und mehr maskentragend vor einer Lehrperson sitzen, die ebenfalls maskentragend mit vermehrten Anstrengungen versucht, auf kreative Weise die Unterrichtsinhalte zu vermitteln? Als geboosterte und maskentragende Lehrperson würde ich auch dann nicht mehr als K-Person gelten, selbst wenn es in den Klassen, die von mir unterrichtet werden, positive Fälle geben würde. Ja, ich werde alles tun, um nicht zum Virusträger zu werden, werde mich testen – und werde dann wieder – fast auf Tuchfühlung, in den Klassenzimmern stehen, bei Schüler:innen, die auf oft langen Schulwegen in öffentlichen Verkehrsmitteln auf Tuchfühlung mit all jenen waren, die sich keine Selbstisolation leisten können, die nicht Homeoffice-Möglichkeiten haben, die sich einem hohen Infektionsrisiko aussetzen müssen. Was geschieht, wenn meine Schüler:innen das Virus auf dem Schulweg oder in der Schule aufschnappten. Sie würden als Infizierte das Virus weiter im Familien- und Freundeskreis verbreiten, auch wenn sie selbst selten erkranken und wenn doch, dann in der Regel nicht schwer. 2-G gilt in fast allen Bereichen des öffentlichen Lebens – für die Schulen kann es nicht gültig sein. Was wäre eine Lösung? Schulautonome Vorgehensweisen zu finden, die aus einem Mix an Distance-Learning-Möglichkeiten einerseits und notwendigem Präsenzunterricht andererseits bestehen könnten. Vielleicht ließe sich im Oberstufenbereich damit zumindest eine 50-prozentige Kontaktreduktion erreichen.

Klaus Heidegger