
Sonntag, 29. Juni 2025. Noch ist die Luft beim Ausgangspunkt in Scharnitz an diesem Herz-Jesu-Sonntag frisch. In der Stadt hatte es selbst in der Nacht nicht mehr richtig abgekühlt. Die von der Klimawissenschaft prognostizierten Hitzeperioden sind fühlbar. Der hirnverbrennende Formel-1-Grand Prix in Spielberg, der von Kondensstreifen zerfurchte Himmel und der fossilraubende Massenurlauberverkehr sind Zeichen, dass sich die Masse noch nicht der Realität der Klimakrise stellen will. „Das Herz-Jesu schlägt für die Bewahrung der Schöpfung“, hatte ich vor einigen Jahren schon in einem Artikel zu diesem Festtag geschrieben. Die Herz-Jesu-Feuer wurden allerdings in diesem Jahr wegen Waldbrandgefahr eingeschränkt. Mit dem Zug ging es davor der Martinswand entlang, wo erst gestern noch ein Waldbrand gelöscht werden musste.
Vom Bahnhof Scharnitz geht es zunächst wunderschön durch das Gleirschtal hinein. Der Gleirschbach windet sich tief unten durch die Klamm, bevor er dann in sanftem Almgelände hinausfließt, wo Kühe sich Erfrischung im Wasser holen können. Die Steigungen sind mäßig. Beeindruckend sind die Felswände zu beiden Seiten des Tales. Vor dem letzten steilen Anstieg zur Pfeishütte gibt es einen Radlparkplatz. Wir stellen unsere Bio-Bikes zu den E-Bikes. Es würde nur unnötigen Kraftaufwand bedeuten und keinen Spaß machen, die letzten Meter selbst mit dem Bike zu fahren.
Die offizielle Bewertung wird auf unser Gipfelziel mit „T5 Schwer“ angegeben. Diese zweithöchste Bewertung in der alpinen Skala des „Wanderns“ lässt mich im Vorhinein schon respektvoll sein. Der Blick auf die abweisende hohe Kalkfelswand, die mit vielen Bändern durchzogen ist, nährt das mulmige Gefühl. Meine beiden routinierten Begleiter sind aber zuversichtlich und geben auch jene Sicherheit, die mir in solchem Terrain schnell einmal fehlt. In den Beschreibungen wird die Hintere Bachofenspitze (2631 m) als Höhepunkt in den Bergen rund um die Pfeishütte angeführt. Oft schon sah ich sie aus der Perspektive der mir vertrauten Gipfel der Hüttenspitze, der Zunterköpfe oder von den Gipfeln der Nordkette aus. Sie erschien mir stets als zu kühn für meine Fähigkeiten.
Der Pfad hinauf startet etwas unterhalb der Pfeishütte (1.922 m). Da gibt es schwache Markierungspunkte, die leicht zu übersehen sind. Zunächst führt der schmale Weg noch durch einen Latschengürtel. Majestätisch baut sich im Süden die Rumerspitze auf. Darunter ist der Pfad in das Grün eingezeichnet, der von der Mandelscharte zum Stempeljoch führt. Unser Pfad führt direkt in die Schotterreise unterhalb der Abbrüche der Bachofenspitze. Dort, wo fester Fels ist, lässt es sich gut klettern. Was ich gar nicht mag, sind die schmalen Bänder und Tritte, auf denen die losen Steine liegen. Aber ich konzentriere mich halt auf jeden Schritt und die Ermunterungen. Vom Joch, das zwischen Bachofenspitze und dem mächtigen Roßkopf liegt, geht es dann noch den breiten Rücken über Karwendelschotter hinauf.
Erst am Gipfel wird mir dann so richtig klar, wie nahe ich da oben meinem bekannten Halltal bin. Von hier oben wird auch der Blick auf das Inntal möglich. Das war also auch ein Gipfel, den ich auf meinen täglichen Schulwegen als Fortsetzung des Grates vom Hinteren und Vorderen Lafatscher sah. 700 Meter tief fällt die Nordwand ins Hinterautal ab. Das Gipfelbuch und Kreuz werden von Chronos, dem Thaurer Kulturverein, betreut. Die Bachofenspitze ist der höchste Punkt von Thaur. Bis auf die paar kniffligen Stellen, wo der Fuß keinen wirklich für mich sicheren Tritt findet und die Hand sich auch an keinem Fels festhalten könnte, geht der Abstieg dann doch leichter, als ich mir dies vorstellte. Die Schotterreise, die steilen Wiesenhänge und dann die Einkehr auf der Möslalm, die schnelle Fahrt hinaus: und wir erreichen den Zug zurück nach Innsbruck fast punktgenau. Es gibt vieles, für das ich an diesem Sonnentag dankbar sein darf.
(Fotoc.: p.a.)
