
Nach den vielen Regentagen fühlt sich der Waldboden zu Beginn des Steiges beim Strassberghaus weich an und die satte Vegetation duftet. Meist verdecken Wolken die Sonne. Der Wetterbericht sagte aber weder Regen noch Gewitter voraus. Beides wäre für unser Vorhaben nicht gut. Ich kenne die Überschreitung und habe auch etwas Respekt vor manchen Stellen. Die Tour wird mit T4 bewertet und der Klettersteig mittendrin mit B und natürlich sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit obligatorisch. Die von uns gewählte Route windet sich weiter oben durch einen Latschengürtel zur Niederen Munde (2059 m) hinauf. So wird das Joch bezeichnet, das einen Übergang zwischen Gaistal im Norden und Inntal im Süden bildet. Von hier öffnen sich die Blicke zum Zugspitzmassiv und den vielen Gipfeln ringsherum sowie hinunter zu den Almen im Gaistal. Der Karkopf im Westen wirkt mächtig. Vom Joch der Niederen Munde folgt der markierte Steig meist dem Westgrat entlang. Ein paar Edelweiß blühen. Die Kletterstellen sind nicht zu schwer, wenngleich ausgesetzt am Grat. Es lässt sich gut auf Reibung gehen. Später führt der Steig dann tief von einem Nebengipfel hinab in die Südflanke. Hier beginnt auch der Klettersteig. Das mitgenommene Klettersteigset lässt sich gut einsetzen. Nur ein anderes Paar ist heute noch auf dieser Route unterwegs. So ist auch die Steinschlaggefahr geringer. Ein Helm wäre definitiv aber nicht schlecht. Nächstes Mal! Das Stahlseil und fallweise Metallbügel und Stifte geben Sicherheit. Kühler Wind weht um den Grat. Der Westgipfel der Hohen Munde ist wohl einer der besten Aussichtspunkte im oberen Inntal. Telfs liegt 2000 Meter tiefer. Flugzeugperspektive. Der grüne Inn mäandert dort, wo er nicht begradigt wurde, mächtig durch das Tal. Nur Natur ist auf der nördlichen Seite im Gaistal. Um die Wettersteingipfel von der Zugspitze bis zur Dreitorspitze wehen weiterhin die Wolken. Über loses Geröllwerk führt der weitere Steig entlang von bizarren Felsformationen hinüber zum Ostgipfel mit den rostbraunen Lawinengalerien und Sendeanlagen. Der weitere Abstieg bis zur Rauthhütte über die Schrofenhänge zieht sich, vor allem auch deswegen, um auf den losen Steinen am Steig und den glatten Felsen nicht auszurutschen. Immer näher aber kommt die Rauthhütte, die über den grünen Wäldern und Wiesen des Seefelder Plateaus liegt. Am Ende der Tour umarmt uns der Laubmischwald liebevoll, durch den wir nach Buchen absteigen. Menschliche Umarmungen aber sind es, die noch wichtiger als alles andere sind, weil sie die Seele stärken.
Foto: T.K., auf den letzten Metern zum Westgipfel der Hohen Munde