
Tag 1: Fimbatal und Heidelbergerhütte mit Start in Ischgl – 13. Juli 2025
Die Gewitterfront ist wie angekündigt vom Atlantik mit heftigen Regenschauern gekommen. Wir passen uns dem an und kürzen die erste Etappe um die Hälfte. Startpunkt ist nicht wie geplant in St. Anton über Heilbronnerhütte ins Paznauntal, sondern direkt in Ischgl. Auch dorthin ist die Anreise mit den Öffis samt Rädern unkompliziert. Stündlich fährt der Regionalexpress von Innsbruck nach Landeck, stündlich und angepasst an den Zugfahrplan fährt ein Bus vom Bahnhof in Landeck ins Paznauntal und unser Klimaticket ist wie immer praktisch dabei.
Ischgl präsentiert sich fern vom winterlichen Massentourismus im Sommer noch mehr als skurrile Welt. Ein Megahotel nach dem anderen wächst aus dem engen Dorf heraus. Baumaschinen sind im Einsatz, um noch weitere zu bauen, auszubauen, weiterzubauen. Der E-Bikeboom nützt dem Sommerbusiness und den Mega-Bergbahnen. Auf den Dorfstraßen surren zwischen Wanderern die Biker – manche von ihnen in martialischen Rüstungen mit Vollvisierhelm und Arm- und Beinschützern, damit sie sich waghalsig irgendwelche Trails hinunter stürzen können.
Der Regen hat aufgehört; die Luft ist frisch und mit jedem Höhenmeter gewinnen wir Abstand vom Treiben in den Tälern, gewinne ich Abstand von meinen politischen Gedanken, meiner Beschäftigung mit den Kriegen in dieser Welt und ihrer Zerstörung durch menschliche Maßlosigkeit und narzisstische Gier. Der Regen der letzten Tage hat der Vegetation gut getan. Kräftig riechen die Bergkräuter und Bergwiesen mit ihrer Blumenvielfalt. Viele Bergwiesen sind nicht mehr gemäht – Bergbauern haben inzwischen lukrativere Einkunftsquellen, als das aufwändige Mähen von Bergwiesen. Die Stadel sind oft leer und die Heumandln bleiben unbenützt. Wo noch Bergmahd anfällt, gärt sie in den weißen Silage-Ballen.
Oberhalb des steilen Abbruchs ins Paznauntal steigt das Fimbatal sanft an. Urzeitliche Gletscher haben das Tal in den Jahrtausenden seit der letzten Eiszeit U-förmig gemacht. Felsblöcke zwischen den sanften Wiesen sind wie von einem Künstler gestaltet. Die Fimba mändert über die Böden und nährt Moorwiesen. Auf den Almen grasen Kuh- oder Pferdeherden. Glücklich wohl die Tiere, die darin weiden können. Glücklich auch wir, die solche Landschaft erleben können. Weit hinten wird bald die Heidelberger Hütte sichtbar. Eine einfache Tafel nur markiert die Grenze, wo Menschen Grenzen zogen zwischen den Ländern. Als ich zuletzt vor vier Monaten mit den Ski hier war und über Grenzziehungen sinnierte (www….), war nach kräftigen Schneefällen alles in ein Weiß gehüllt. Jetzt sind die Berghänge bis hinauf in die steilen Felsregionen wie mit einem weichen grünen Teppich überzogen
Die Heidelberger Hütte wird unser erstes Nachtquartier. Wo im Winter Skitourengehende Rast finden können, ist nun eine Mischung von Wanderern und Mountainbikern in der Gaststube und den Lagern. Wo im Winter die Tourenski stehen, sind es nun die Bikes. Mein altes Hardtail wirkt zwischen den Fullies und E-Bikes wie ein Oldtimer aus vergangenen Jahrzehnten.