Katharina von Alexandria und das zerbrochene Wagenrad der Gewalt

Katharina!

gestrebt hast du
die Weisheit zu erfassen
klug bist du gewesen
klüger als die Herrschenden:
lass uns nach Wahrheit streben

unerschrocken warst du
die Wahrheit zu leben
die Wahrheit zu tun
ungerechten Befehlen folgtest du nicht:
lass uns widerspenstig leben

schön warst du
voll Liebe zum Leben
voll weiblicher Anmut
würdevoll trägst du die Krone:
erfülle die Herzen und Seelen mit Schönem

erlitten hast du,
was viele Frauen heute erleiden
Gewalt in vieler Weise erleben
brutal wie damals die Welt heute:
lass uns der Gewalt gewaltfrei begegnen

Die Heilige Katharina von Alexandria

Gerne streife ich durch Kirchen und Kapellen und verweile gedanken- und gebetversunken in ihnen. In kleinen Kapellen mit alten Fresken oder in großen barocken Kirchen und Domen gehe ich dann auf Entdeckungssuche nach den immer gleichen Bildmotiven von Heiligen und deren legendarischen Geschichten. Dann lasse mich trösten und ermutigen von den alten Geschichten. Im Dom von Feldkirch sah ich am Tag vor dem Katharinenfest am linken Seitenalter eine Statue der Hl. Katharina mit dem „Radl“ als ihrem Merkmal und der Hl. Barbara mit einem stilisierten Turm: Zwei Frauen, die laut Legenden Opfer von Männergewalt waren. Die Katholische Frauenbewegung beteiligt sich in diesen Tagen an der Kampagne „Orange the World“. Sie macht darauf aufmerksam, wie viele Mädchen und Frauen weiterhin Opfer von Gewalttaten werden.

Der Gedenktag der Heiligen Katharina von Alexandria wird am 25. November gefeiert. In ihrer Gestalt verdichtet sich christliche Geschichte und Theologie. Katharinenverehrung ist zentraler Inhalt der religiösen Volkskultur. Mit den Attributen Krone, Wagenrad und Schwert lässt sich Katharine gut identifizieren. Auch wenn es diese Heilige als konkrete historische Person nicht gegeben haben dürfte, so steht sie doch für viele Frauengeschichten im Laufe der letzten Jahrhunderte.

Laut Legende soll sie eine Königstochter gewesen sein. In den ikonographischen Bildern trägt sie stets eine Krone auf ihrem würdevollen Haupt. Das lässt sie selbstbewusst erscheinen. Frauen als Königinnen braucht diese Welt, damit sie befreit werde von teuflischer Gewalt. Gesundes Selbstbewusstsein brauchen wir alle – vor allem die Kleinen, die wissen sollen: Du trägst als Mensch stets eine königliche Krone. Niemand darf dich beugen.

Eine Philosophin soll Katharina gewesen sein. Klüger als alle Gelehrten war sie. Klugheit und Wissen gefährden die bösen Mächte. Der Gelehrten aus Alexandria begegnen Dummheit und Argwohn. Ein Buch trägt sie oft als zweites Attribut. Wissen und Weisheit braucht unsere Welt, um all der Dummheit zu begegnen, um die Fakenews zu widerlege , um die populistischen Verschwörungstheorien zu entlarven..

Weil Katharina sich nicht beugte und den ungerechten Befehlen nicht folgte, wurde sie brutal gequält. Das Folterrad ist jedoch an ihr zerbrochen. Das zerbrochene Wagenrad ist ein weiteres Attribut geworden. Zerbrochen ist es! Göttliche Gewaltfreiheit lässt Folter und Hass zerbrechen wie das Wagenrad der Heiligen Katharina. Da gibt es aber auch das Schwert und den Märtyrerzweig in den Katharina-Darstellungen. Wie heute: Gewalt ist noch nicht an ihr Ende gekommen. „Orange the world“ macht uns darauf aufmerksam. Die sexistischen und patriarchalen Wagenräder müssen zerbrochen werden.

Klaus Heidegger, 25. November, Katharinentag

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