
Die weihnachtlichen Geschichten sind die große Widerlegung dessen, was zuletzt Christoph Schönborn in etlichen Interviews und Pressegesprächen anlässlich seines Rücktrittes mehrmals gesagt hat. Der Erzbischof meinte, dass sich aus der Tradition der römisch-katholischen Kirche das dreigliedrige Weiheamt für Frauen nicht begründen ließe.
Am gleichen Wochenende, an dem Schönborn die entsprechende Aussage machte, wird in den liturgischen Texten an die Berufungen von Maria und Elisabeth erinnert. „Gegrüßt seist du Maria, …“ Der Ruf des Engels ergeht an eine Frau. Lukas hat die Berufung Marias ganz im klassischen Stil alttestamentlicher Prophetenberufungen beschrieben. Maria ist begnadet, die messianische Botschaft zu verkünden, und singt das revolutionäre Befreiungslied, demnach die Armen und Rechtlosen Gerechtigkeit erfahren werden und dabei die ausbeuterische Herrschaft ein Ende finden wird. Ganz so ist auch Elisabeth berufen und sie macht das erste, nämlich pränatale, Messiasbekenntnis. Laut, so können wir in der lukanischen Kindheitsgeschichte lesen, verkündet Elisabeth, dass der Anbruch des messianischen Friedensreiches beginnen wird. Maria und Elisabeth sind in diesem Sinne die ersten Verkünderinnen des Evangeliums und begründen die Tradition der Jüngerinnen rund um Jesus von Nazareth, wie Salome, Susanna und vor allem Maria aus Magdala, wie dann in den paulinischen Gemeinden Maximila, Priscilla, Quintilla, Sophia von Rom, Priska, Thekla und Junia.
Nein, Herr Kardinal, es stimmt einfach nicht, dass sich aus der Tradition eine Gendergerechtigkeit und damit eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen nicht begründen ließe. Das Gegenteil gilt. Freilich braucht es so viel mehr als gendergerechte Strukturen. Das bestehende Weiheamt für Frauen zu öffnen, könnte tatsächlich der Klerikalisierung Vorschub leisten, wenn das Priesterverständnis weiterhin verbunden wäre mit hierarchischem Gehabe. Nirgendwo in der Bibel stehen die derzeit gültigen Anstellungsbedingungen, um Priesterin oder Priester zu werden. Der Missionsauftrag am Ende der Evangelien hat kein sexistisches Exklusivitätspickerl.
Klaus Heidegger, 22.12.2024
(Symbolbild, Popart-Mary with Banksy Balloon Girl)