
Startpunkt ist ein mir sehr vertrauter Punkt auf diesem Planeten. Das Gravelbike hänge ich an eine der Stangen eines Verkehrsschildes am Eingang zum Halltal. Dort versuche ich auch mein Nachdenken über die weltpolitische Situation für ein paar Stunden zurückzulassen. Meine Gedanken fliegen vom Erschrecken über die Kriegsverbrechen in Gaza bis zur Freude über den neuen Papst. Der Steig hinauf auf den Hochmahdkopf ist mir so vertraut, dass ich ihn fast blind gehen könnte. Wolken ziehen herum. Die Luft riecht nach dem Regen der vergangenen Stunden. Dann geben die Wolken zwischendurch auch wieder den Himmel frei. Immer steil windet sich der Steig den Südrücken zum Hochmahdkopf hinauf. Aus dem satten Grün ragen die immer noch verkohlt wirkenden Holzskelette der Latschen. Dazwischen springt eine Gämse. Der Brand vom Hochmahdkopf liegt bereits 11 Jahre zurück – die abgebrannten Latschen sind Vergangenheit und Gegenwart zugleich. Der Steig hinüber zum Zunterkopf ist leicht angeschneit. Maischnee. Tiefverschneit winterlich geben sich die Berge des Karwendels im Norden. Ich bin unterwegs mit einer Trailrunnerin, die solche kleinen schmalen Steige hinauf und hinunter liebt, ein Flow wie auf einer Himmelsleiter. Der Steig vom Törl direkt hinüber zum Issjöchl ist gesperrt und ungewartet. An einer Stelle denke ich mir, man sollte ihn wirklich besser nicht mehr gehen. Nach den langen Querungen durch die schottrigen Reißen, die steil hinunter zum Herrenhaus reichen, beginnen die überaus sanften Bergwiesen im Issanger, ein Paradies von gelben Dotterblumen. Weiter geht es dann nach St. Magdalena und durch das Eibental hinaus zum Startpunkt. Was in Zahlen gemessen werden kann, misst meine Smartwatch – 1322 hm im Aufstieg und im Abstieg, verteilt auf 14 Km. Was aber eine solche Runde bedeutet: Unmessbar.
klaus.heidegger, 18. 5. 2025