Meine bischöflichen Begegnungen als Rückschau auf die Zeit mit Bischof Manfred

Ohne ins Detail zu gehen und indiskret zu werden, was der Öffentlichkeit meiner Abschiedsgedanken nicht zuträglich wäre, kann ich doch mit ein paar biographischen Begebenheiten das charakterisieren, was ich mit Bischof Manfred verbinde. Begegnungen mit Bischöfen sind in meinem Leben sehr vielfältig und widersprüchlicher Natur gewesen und sie eignen sich auch, um den Episkopus Manfred ins persönlich gefärbte Licht zu bringen.
Ich erinnere mich an meine erste Bischofsbegegnung, als ich in den 60er-Jahren Volksschüler und Ministrant war. Als Bischof Rusch damals unser Dorf besuchte, wo alles beflaggt war, die Musikkapelle spielte und die Schützen stramm standen und böllerten, der Bürgermeister eine Rede hielt usw. usf. – damals glaubte ich, dass der Bischof so etwas wie eine himmlische Gestalt sei, gleich neben Jesus und den Aposteln, irgendwie also herausgenommen aus der Menge – dem Volk.
Wenn ich an Bischof Manfred denke, dann habe ich ihn nie so erlebt. Nicht als jemand, der sich über andere stellte, sondern sich wohl immer am liebsten inmitten des Volkes fühlte. Auch wenn ihn sein Amt dann stets in die erste Reihe katapultiert hatte, immer hatte ich den Eindruck, er säße lieber inmitten der Menschen.
Ich erinnere mich auch, als ich ein gutes Jahrzehnt später, gerade ins Priesterseminar eingetreten, als Alumnen-Frischling sozusagen meinen ersten Antrittsbesuch bei Bischof Paulus hatte. Da holte ich meinen Maturaanzug hervor, der nur mehr ungenutzt im Kasten hing, ließ mir die schwarze Krawatte binden – es war ein Freitag vor einem langen Pfingstwochenende – wartete mit etwas klopfendem Herzen im Vorzimmer auf den dann doch freundlich wirkenden großen Herrn dahinter, der mehr an meinem Oberinntaler Dialekt interessiert war als an meiner Entscheidung, Priester werden zu wollen. Jedenfalls hatte ich damals das Gefühl – dunkler Anzug! – ich müsste mich verkleiden, um eines Bischofs würdig zu sein.
Bei Bischof Manfred hatte ich nie das Gefühl, mich verkleiden zu müssen. Im Gegenteil, auch wenn sein Blick stets auch kritisch war, so dominierte doch sein wertschätzender Blick, der signalisierte. Du kannst mit deinen pazifistischen Ansichten sein, wie du bist, und mit deinen Visionen von einer Kirche, die kaum „benediktinisch“, dafür umso mehr „franziskus-kanisch“ sind, und mit deiner scharfen Kritik an Politikern, die vorgeben, Anwälte christlicher Nächstenliebe zu sein.
Ich hatte in meinen Funktionen bei der Kath. Jugend auf Diözesan- und Bundesebene über viele Jahre konfliktive Bischofserlebnisse. Da gab es Berufsverbot für mich in der Diözese, da gab es einen Bischof, der über einen Menschenteppich steigen musste, den wir vor dem Stephansdom gebildet hatten, oder jene Bischofsweihe in der Militärkapelle in Wiener Neustadt, wo Militär und Bischof eine Einheit gegen uns Vertreter der Katholischen Jugend bildeten. Immer wieder hatte ich als Bundessekretär der Kath. Jugend deren Positionen gegenüber dem damaligen Referatsbischof zu verteidigen. Schon damals aber gab es Bischöfe, die mich später an Bischof Manfred erinnern ließen. Das befreiungstheologische Engagement von Bischof Kuntner sah ich auch wieder in der besonderen Liebe, die Bischof Manfred stets gegenüber den Armen erkennen ließ – und nicht von ungefähr war er Caritas-Bischof. Vor allem aber verband mich mit Bischof Manfred die gemeinsame Arbeit in Pax Christi Österreich. Zur Zeit der ersten Kriegshandlungen in Jugoslawien stand ich mit Kardinal König bei einer Anti-Kriegsdemonstration auf einem Podium. Der Kardinal nahm damals so klar Stellung gegen Krieg und für den Frieden, so klar, wie später immer wieder Bischof Manfred. Ich hatte Vertrauen in Bischof Manfred, weil ich wusste: Er ließ sich leiten vom Geist jenes Mannes, der Oberösterreicher wie er war, ein gestandener Mensch mit klarem Geist, der sich nicht nach den Menschen richtete, sondern nach dem Geist des Evangeliums – Franz Jägerstätter.
Zwei kleine Begebenheiten aus meiner Schatzkiste wertvoller Bischofsbegegnungen möchte ich noch herausnehmen. Da war beispielsweise – schon lange vor der Öko-Enzyklika von Papst Franziskus – das Umweltengagement von Bischof Manfred. Für ihn war es so selbstverständlich, an der Aktion „Auto-Fasten“ teilzunehmen. Bei einer Demonstration durch Innsbruck, wo meine Schüler und Schülerinnen Geh-Fahrzeuge gebastelt hatten, war Bischof Manfred wieder mittendrin.
Am Pfingstmontag vor einigen Jahren gab es eine Firmung von ein paar Jugendlichen der Salvator-Gemeinschaft in der Salvator-Kirche in Hall. Ja, Bischof Manfred war bereit, dort zu sein, wo nicht nur die Massen sind, sondern das Kleine. Nach der Firmung ging ich mit ihm von der Kirche durch die Altstadt von Hall. Auf einer Bank vor einem Kaffee saßen zwei schon beträchtlich angeheiterte Männer, die uns zuriefen. „Kemmt’s amol her, wer seid’s ihr denn?“ Bischof Manfred nahm sich Zeit, setzte sich zu ihnen. Ich sagte zu einem der Männer, dass dies der Bischof sei. „Und du bist der Papst …“, witzelte dieser nur. Für mich war verblüffend, wie dann Manfred begann, mit den beiden Männern in einfachen Worten zu reden, sie zu fragen, wie es ihnen gehe, sie sagten, eigentlich interessiere sie die Kirche gar nicht, aber „du, wenn du der Bischof bischt, deis isch schon toll!“
Vor kurzem hat Bischof Manfred meine Wahl zum KA-Vorsitzenden von Tirol bestätigt. Gerne hätte ich noch in dieser Funktion mit ihm zusammen gearbeitet. In seinem Sinne kann ich es nun wohl tun.
Klaus Heidegger

Kommentare

  1. Lieber Klaus, sehr beeindruckende und persönliche Worte! Auch ich bin einmal mit einer Bitte an Bischof Manfred herangetreten und habe ihn um einen Krankenbesuch im Haller KH gebeten, da er gerade in Hall war. Ich wollte Luis Staud durch seinen Besuch „beschenken“. Bischof Manfred war zwar über meine Offenheit erstaunt, kam aber meiner Bitte durch Flexibilität nach. Mein persönliches Vorbild ist jedoch immer noch Bischof Stecher, den ich einfach in seiner Authentizität und Offenheit gegenüber uns Menschen so sehr geschätzt habe. Bischof Manfred ist da sicher in seiner Art etwas ruhiger und „verschlossener bzw. überlegter“. Ich denke, du verstehst, was ich meine.

    Ganz liebe Grüße, Maria

  2. „Und du bist der Papst….“, tjaaaa, was man so alles zu hören kriegt. Danke für deine persönlichen Erinnerungen an deine bischöflichen Begegnungen. Ich beneide dich, dass du dich noch an deine Firmung erinnern kannst. Ich krieg das einfach nicht hin. Wurde ich vom Bischof Rusch gefirmt oder von einem Stellvertreter? Kann man das irgendwo erfahren, vom wem man gefirmt wurde?

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