Mit dem Bundesheer gegen Flüchtlinge?

Der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil nützt und instrumentalisiert die medial inszenierte und von der Bundesregierung und rechtsnationalistischen Parteien noch zusätzlich angefeuerte Angst vor den Flüchtlingen, um dem Bundesheer in die Tasche zu arbeiten. Der Sparkurs für die heimische Armee müsse gestoppt werden. Es brauche hingegen mehr Mittel für Militärpersonal und militärische Infrastruktur. Explizit wird auf die neue Aufgabe des Heeres hingewiesen. Man brauche mehr denn je das Heer, um Flüchtlinge von unserem Land abzuwehren. Vom Finanzminister wird entschieden mehr Geld verlangt. Man müsse auch für das heimische Heer jenen Budgetlevel erreichen, den andere Staaten haben. Als Untergrenze wird zumindest eine Verdoppelung des Heeresbudgets angedacht – von derzeit 0,55% des BIP auf 1,3%. Österreich folgt damit einem gesamteuropäischen Trend, den vor allem Staaten wie Ungarn oder Tschechien vorgeben. Aber auch Deutschland plant massive Aufstockungen im militärischen Bereich. Rechtspopulistische Politiker fordern den militärischen Schutz der EU-Außengrenzen. Kanonenboote gegen Flüchtlingsboote?

 
Gegen die fortschreitende Militarisierung der Flüchtlingspolitik muss Einspruch erhoben werden. Kirchliche Organisationen, die zu Recht immer wieder den österreichischen Kurs der Abschottungspolitik kritisieren, scheuen sich meist, ausdrücklich den militärischen Teil dieser Politik anzusprechen. Eine offen kritische Haltung gegenüber dem Bundesheer wird selbst in dieser Frage vermieden. Es sind jedoch vor allem zwei Argumentationsweisen, die gegen die Ermächtigung des Militärs zur Lösung der Flüchtlingskrise sprechen.

 
Erstens sind für die „Sicherheit im Inneren“ nicht das Militär zuständig, sondern Polizei und Instrumente des Innenministeriums bzw. des Bundeskanzleramtes. Selbst der Grenzschutz sollte laut Verfassung nicht automatisch von militärischen Kräften übernommen werden. Wenn es mehr Mittel braucht, um die Flüchtlingskrise zu bewältigen und Flüchtlingen zu helfen – nicht um abzuschieben oder um Asylrecht zu verweigern – dann sollten diese Mittel direkt an Hilfsorganisationen bzw. Einrichtungen des Innenministeriums zweckgewidmet werden. Diese Apparate und Instrumente sind besser geeignet und wesentlich kostengünstiger als Soldaten und Soldatinnen, deren eigentliche Ausbildung doch anderen Zwecken dient. Wenn schon die Grenzen zu schützen sind, dann durch Grenzschutzpolizisten mit entsprechender qualifizierter Ausbildung.

 
Zweitens erzeugt der Einsatz des Heeres zur Flüchtlingsabwehr auf allen Seiten unheilvolle Assoziationen. Flüchtlinge werden zu Feinden, die es mit militärischer Waffengewalt zu „bekämpfen“ gilt. Es wird suggeriert, dass Flüchtlinge die Sicherheit Österreichs gefährden würden. Die Angst vor Flüchtlingen wird genährt – warum sonst müssen Flüchtlinge militärisch „bekämpft“ werden?

Klaus Heidegger, 12. März 2016