„Österreich an vorderster Front“

vordersterFrontWas mit der Verwendung von „vorderster Front“ oft ein unbedachter Ausdruck einer militarisierten Sprachweise und nicht wörtlich zu verstehen ist, ist seit einigen Wochen unter der Führung von Doskozil-Mikl-Leitner-Kurz zum realen Politikum geworden. „Österreich gegen Flüchtlinge“ lautet daher eine fette Schlagzeile vom 2. April 2016. Innen-, Außen- und Verteidigungsministerium haben nun nach der Westbalkan-Konferenz vor einigen Wochen, die zur kompletten Schließung der Balkanroute führte, einen weiteren konsequenten Schritt der kollektiven Abschottungspolitik gesetzt: Diese Grenzziehung soll auch militärisch stärker bewacht und exekutiert werden. Da passt dann alles zusammen: Doskozil will Frontex in die Pflicht nehmen, Doskozil will eine Milliarde Euro zusätzlich für das österreichische Militär, Doskozil wird zum Mastermind der „Zentraleuropäischen Verteidigungsallianz“. Wer dieser Linie nicht folgt – wie der deutsche Nachbar – erscheint bei diesen Konferenzen in den Luxushotels von Wien gar nicht. Da versteht sich das Trio Mikl-Leitner-Kurz-Doskozil besser mit Orbán als mit Merkl. Ein Beobachter könnte vermuten, dass Österreich Mitglied der Visegrad-Gruppe, nicht aber Mitglied der Europäischen Union ist. Eine wirklich europäische Lösung – gerade auch als EU – wird durch die österreichischen Alleingänge letztlich torpediert – und wieder passt wohl ein militärischer Begriff am besten. Österreich steht „Gewehr bei Fuß“, Innenministerin und Verteidigungsminister jetten nach Bulgarien und lassen sich als österreichisches Paar vor einem kilometerlangen Stacheldrahtzaun an der bulgarisch-türkischen Grenze ablichten. Eigentlich hätte der burgenländische Bub Hans Peter lange genug die Erfahrung gehabt, was es heißt, an einem Eisernen Vorhang zu leben.

Klaus Heidegger, 2.4.2016

Kommentare

  1. In den Zeiten von Nikolsdorf hatte ich Respekt und Wertschätzung für den Herrn Doskozil, wie er die prekäre Lage an der Grenze organisiert hat. Das hat ihn für höhere Weihen empfohlen. Kaum auf dem Sitz der Macht, dreht er sich um 180 Grad und baut die Festung Österreich mit. Man hat manchmal das Gefühl, Österreich sei im Krieg. Wir müssen „aufrüsten“, Grenzen „abschotten und befestigen“, so das Vokabular der letzten Wochen. Diese Regierung ist samt und sonders dabei, Österreich von einem einstmals anerkannten sozialen und friedliebenden Staat zu einer der Dutzendnationen zu machen, in denen populistische Politik gemacht wird, Menschen verhetzt werden und Menschenleben jedweden egoistischen Interessen geopfert werden. Kürzlich stand im FB: „Wenn eure Enkel fragen, wie die Entwicklung in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts möglich war, könnt ihr ihnen sagen, dass sie dies jetzt live erleben können!“
    Meine Gefühle schwanken zwischen Scham und Wut über diese Generation der PolitikerInnen ohne Mitgefühl und Rückgrat. Als Christ rufe ich nach Barmherzigkeit, der dieses Jahr gewidmet ist. Sie ist der einzige Weg aus der Sackgasse (J. Niewiadomski), in die dieses Europa schlittert. Der Crash am Ende dieser Sackgasse ist es, der mir allein Angst macht.

  2. Hallo Willi!
    Da bin ich nicht uneingeschränkt deiner Meinung. Österreich schottet sich nicht ab, sondern schützt die Bevölkerung vor unkontrollierter Einwanderung. Doskozil hat genau gesehen, dass die Polizistinnen und Polizisten im Burgenland von Imigranten (die nicht alle Flüchtlinge waren) überrannt wurden und sich unregistriert im Bundesgebiet verteilt haben. Das sage ich als einer, der für die Erlangung eines inländischen Passes seinen Fingerabdruck abliefern muss.

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