Polen-Krakau-Auschwitz: Schulprojekt der 8b-Klasse

„Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. Wer sich der Unmenschlichkeit nicht erinnern will, der wird wieder anfällig für neue Ansteckungsgefahren.“ (C. F. Weizsäcker)


 

 

Donnerstag, 15. 9. 2016

Eine lange Anfahrt

Um 8:30 treffen wir uns am Bahnhof. Eine kleine Gruppe. Die 15 der 8b mit mir als Religionslehrer und Richard und Marialuise Hussl. Richard Hussl leistete als Polen-Experte, Politikwissenschaftler und Bildungsreferent von Pax Christi Österreich wesentliche Vorarbeiten der Organisation. Ich bin als Schulverantwortlicher für dieses Projekt dankbar für die weibliche Begleitperson in Marialuise Hussl. 290 Euro zahlen die SchülerInnen. Auch vom Schulerhalter bekamen wir dankenswerterweise eine Unterstützung.

Railjet nach Wien. Kurze Umstiegszeit. Dann beginnt die Fahrt durch die Tschechoslowakei. Der Zug ist unterbesetzt. Zugfahren ist die angenehmste Weise der Fortbewegung. Schüler und Schülerinnen eine solche Erfahrung zu vermitteln, ist mir wichtig. Im Speisewagen sind wir allein. Fahrt vorbei an vielen Kürbisfeldern, entlang der March, durch die Tschechische Republik von Süd nach Nord. Katowice ist die erste polnische Ortschaft. Dort steigen wir in einen Regionalzug um, der aus längst vergangenen Zeiten stammt. Entsprechend rumpelt und rattert er. 21:30. Ankunft in Krakau. Mit Taxis zum Hostel. Alles hat funktioniert. 12 Stunden Fahrtzeit, die schnell vergangen ist.

Freitag, 16.9.2016

Polnische Lebenswelten

2 – auf dem Weg zum Wawelhügel – Wo ist der Drache?-

 

Die polnische Währung ist mir fremd. 4 Zloty wechseln sich zu 1 Euro. Dort, wo Touristen sind, sind auch überall die Wechselstuben. Winzig kleine Münzen klimpern bald in meiner Tasche. Groszn heißt die kleinere Währung und erinnert mich an die Groschen, die es bei uns einmal gegeben hat. Polen ist zwar seit 2004 bei der EU, doch nicht in der Währungsunion. So wird eine in sich vielfältige EU erfahrbar.

Die Erneuerung von Krakau ist nach vier Jahrzehnten realem Sozialismus noch lange nicht fertig. Zwischen sanierten Häusern gibt es immer wieder zerfallende Häuser und Baulücken selbst unweit der alten Stadt. Was ich aus Berichten kenne, die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in eine reiche Oberschicht einerseits und Tausenden mit Existenzsorgen andererseits, bleibt uns hier verborgen. Wir sind Touristen in einer der schönsten Städte Europas mit einer Fülle an reichen Kunstdenkmälern und Schätzen. Die Titel, Kulturhauptstadt Europas und UNESCO-Weltkulturerbe, kann Krakau zurecht tragen.

Krakauer Sehenswürdigkeiten

Dorothea ist die Fremdenführerin, die uns einen ersten Einblick gibt. Vom Tara-Hostel lassen sich die Hauptsehenswürdigkeiten schnell erreichen.

Der Höhepunkt ist gleich am Anfang. Zentrum des Tourismus in Südpolen. Der Wawel-Hügel mit seinem Königsschloss und der Stanislaus-Kathedrale. Postkartenidylle bei schönstem Herbstwetter. Wir streifen durch polnische Geschichte. Dorothea erzählt als Betroffene. Ein Großonkel war in der polnischen Armee, der für die Unabhängigkeit Polens kämpfte. Andere Verwandte mussten nach der deutschen Okkupation fliehen. Und dann kam – so Dorothea – die nächste Okkupation durch den Sowjetkommunismus. So haben wir in unserer Fremdenführerin eine leidenschaftliche polnische Patriotin, die die Grunderfahrung – Polen als wiederholtes Opfer von Okkupationen – verkörpert.

Wir hören die Legende vom Drachen, der vom Stammesfürsten Kra besiegt worden ist, worauf dieser erst die Stadt gründen konnte. Wir sehen die Weichsel, ein großer ruhiger Fluss, der Polen von Süd nach Nord durchzieht. Beeindruckend ist der Blick auf das Schloss-Kathedrale-Ensemble am Wawel-Hügel. Der Streifzug durch die Kathedrale geschieht in einer Geschwindigkeit, dass wohl wenig davon in Erinnerung bleiben wird. Am meisten wohl noch das Grab des Hl. Stanislaus, dem diese Kathedrale geweiht ist. Die vielen Touristen lenken davon ab, sich mehr auf dieses Denkmal einzulassen.

Vom Wawel-Hügel geht es zum zweiten Tourismus-Hot-Spot, dem großen Marktplatz Rynek. Es soll der größte Marktplatz Europas sein. Barock- und Renaissance-Bauten umrahmen ihn. In der Mitte sind die Tuchhallen. Dorothea führt uns auch zur Universität, der zweitältesten Europas gleich nach Prag. Der wohl berühmteste Intellektuelle dieser Uni war Nikolaus Kopernikus.

Künstlerischer Höhepunkt ist die Marienkirche mit ihren zwei unterschiedlich hohen Türmen am südwestlichen Ecke des Marktplatzes. Ein gotischer Ziegelbau. Bürgerkirche – zum Unterschied von der Stanislaus-Kathedrale, der Krönungskirche, die für den Adel bestimmt war. Bis zum gemeinsamen Mittagessen bleibt mir noch etwas allein Zeit für die Besichtigung einer weiteren Kirche in der Nähe vom Stefansdor. 120 Kirchen sollen es in Krakau sein.

Der Blick auf Menschen in den Straßen hier zeigt – wenn ich Touristen und Touristinnen ausklammere – wenig ethnische Durchmischung, wie ich sie aus anderen Großstädten Europas kenne. Bekannt ist die Politik der polnischen Regierung, keine Flüchtlinge aus islamischen Ländern aufzunehmen. Der polnische Premierminister will keine islamischen Einwanderer. Sie würden, so seine diffamierende Bemerkung, Krankheiten einschleusen.

Nowa Huta

Nachmittags fahren wir mit der Straßenbahn nach Nowa Huta. Es ist eine Fahrt in einen anderen Lebensraum, dorthin, wo heute die Mehrheit der gut 800.000 Einwohner von Krakau sind. Plattenbauten aus kommunistischer Zeit. Mittendrin ist die Kirche von Nowa Hua mit ihrer eindrucksvollen Geschichte von Widerstand und Glaube. Ich könnte auch sagen: von widerständischem Glauben oder gläubigem Widerstand.

Nach 1945 wollte die kommunistische Regierung an diesem Ort eine sozialistische Modellstadt errichten. Nowa Huta – die neue Hütte. Man ließ Industrieanlagen errichten, Stahlwerke, obwohl der Standort dafür eigentlich ungeeignet war. Die kommunistischen Herrscher wollten die Krakauer eines Besseren belehren, weil sie bei den ersten Wahlen nicht kommunistisch gewählt hatten. Für die Industriearbeiter wurden Plattenbauten errichtet nach dem neuen realsozialistischen Muster. Kleine Wohnungen für kleine Familien. Die Kinder sollten in Kinderkrippen und Staatsschulen sein. Familienwerte wurden den Staatswerten untergeordnet. Atheismus war die vorherrschende Doktrin. Kirche und Glaube hatten keinen Platz und störten nur. Eine Kirche sollte es in der neuen Stadt nicht geben. Doch die Bevölkerung dachte, glaubte und handelte anders. Zunächst errichteten sie an einer freien Stelle ein Kreuz. Mehrmals wurde es demontiert.  Die Weihnachtsmette im Jahr 1975 feierte auch Karol Woytila, damals Bischof in Krakau, im Freien, im Schnee, beim Kreuz. In den 60er-Jahren schließlich erreichte es die Bevölkerung, dass eine große Kirche erbaut werden konnte. Sie hat die Form einer Arche. Das Kreuz mit der Siegeskrone ist der Segelmast. Die gesamte Fassade wurde mit Flusssteinen gestaltet. Im Inneren der Kirche leuchten die Fenster in den Regenbogenfarben. Im Tabernakel befindet sich ein Stein, den ein Astronaut von der ersten Mondfahrt mitgenommen und Papst Paul VI. geschenkt hatte. Das große Kreuz im Inneren ist wie eine Galionsfigur. Es ist aus jenem Material, mit dem die Arbeiter hier beschäftigt waren. Jesus Christus gehört zu ihnen. Sie sind in einer Kirche wie in einer Arche.

Abends haben die Schüler und wir Begleitpersonen einen freien Abend. Den nütze ich noch für Blicke in drei Kirchen.

Die gotische Dominikanerkirche, die Franziskanerkirche und die Kirche St. Peter und Paul. Letztere sieht tatsächlich so aus wie Il Gesu in Rom oder die Jesuitenkirche in Innsbruck. Die Kirche erinnert an das Ende des 16. Jahrhunderts, als die Jesuiten in Polen so großen Einfluss hatten, dass hier die evangelische Kirche nie groß werden konnte. Die knallbunten Farben der Franziskanerkirche, mit denen das Innere der Kirche ganz ausgemalt ist, kommen jetzt am Abend nicht zur Geltung.

Zum Abendessen wählen wir Salat und Piroggen, was typisch polnisch ist. Es sind Teigtaschen mit unterschiedlichen Füllungen.

 

 

Samstag, 17.9.2016

Frühstück

Der kurze Weg vom Hostel bis ins Restaurant, wo es Frühstück gibt, ist uns bereits vertraut. Polnisches Frühstück. Heute mit Pfannkuchen. 8:00.

Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Ich war immer wieder mit Schulklassen in Mauthausen und in Dachau. Die Dimension des Schreckens, die in diesem polnischen Ort, 60 Kilometer von Krakau entfernt, erspürt wird, ist unvergleichlich. Wir fahren mit einem reservierten Kleinbus dorthin. Die Führung beginnt um 11:00. Lukas, unserer Führer, spricht perfekt Deutsch. Er arbeitet im Forschungszentrum von Auschwitz und er kann er uns Wesentliches von seinem Wissen vermitteln. Beim Durchgehen durch die Baracken, den Orten des Grauens im Stammlager Auschwitz I, dem Gefängnis, den Hinrichtungsstätten, dem Krematorium, … ich denke oft an die Erzählungen von Ella Lingens, die ich auf der Hinfahrt gelesen hatte. Regnerisch-trübes Wetter passt zur Stimmung, die diese Orte vermitteln. Riesig sind die Dimensionen von Birkenau.

Drei besondere Orte will ich in besonderer Erinnerung halten.

Da ist erstens die Ruine eines Krematoriums, das gesprengt worden ist. Die SS ließ alle Krematorien vor der Befreiung sprengen. Die nachkommenden Generationen sollten von ihren Verbrechen nichts erfahren. Das ist der Hauptgrund, warum ich mit einer Schulklasse hier bin. Nicht vergessen. Die Verbrechen nicht verschweigen. Das ist es, was wir den Opfern schulden.

Da ist zweitens die Zelle, in der Pater Maximilian Kolbe eingesperrt und gefoltert worden ist. Sein Martyrium ist beispielgebend. Als Heiliger ist er mir Vorbild. Er hat bis in die letzte Konsequenz nicht an sich gedacht, sondern schenkte so einem Familienvater das Leben. Erst vor wenigen Wochen hat Papst Franziskus an diesem Ort gebetet.

Da ist drittens der Galgen beim Ausgang vom Stammlager I, an dem nach dem Kriegsverbrecherprozess der SS-Kommandant von Auschwitz erhängt worden ist. Warum nur, so frage ich mich, wurde nach all dem Schrecken wieder eine Todesstrafe verhängt? So kann kein Ausstieg aus der Spirale von Gewalt-Gegengewalt erfolgen.

Nichts, ja gar nichts lässt sich mit der Brutalität und Gewalt der damaligen Zeit vergleichen, dem Terrorregime des Nationalsozialismus. Diese Zeit soll aber auch eine Lehre sein: Dass wir nicht mehr wegsehen, wenn irgendwo in dieser Welt schreckliches Unrecht passiert und wenn irgendwo Menschenrechte mit Füßen getreten werden. Ich denke an die Abermillionen in dieser Welt, die hungern und am Verhungern sind, an die Füchtlinge, deren Asylrecht – auch in Österreich – massiv eingeschränkt wird. Das Errichten von Zäunen war ein Merkmal von Auschwitz. Überall in diesem neuen Europa werden Zäune errichtet.

Abendessen und Gesprächsrunde

Wir essen gemeinsam im Restaurant in der Nähe vom Hostel, wo wir danach auch noch den Tag in einer Gesprächsrunde etwas aufarbeiten.

Sonntag, 18.9.2016

Das jüdische Viertel Kazimierez          

Gleich auf der anderen Seite vom Tara-Hostel beginnt jenes Gebiet, das Kazimierez bezeichnet wird und heute auch jüdisches Viertel genannt wird. Vor der Shoah lebten bis zu 65.000 Juden hier. Heute gibt es in ganz Krakau verstreut noch 170 Juden und Jüdinnen. Von ihnen sind die meisten aus der Ukraine. 12.000 Juden leben heute in Polen.

Die Häuser sind nicht groß. Manche wurden neu renoviert, zwischendrin verfallen auch andere. Der Tourismus blüht hier auf. Sieben Synagogen gibt es. Nur zwei davon erfüllen noch ihre alte Funktion, Orte des Gebetes zu sein. Jüdisches Leben wird kaum mehr sichtbar. Steven Spielberg hat mit seinem Film wesentlich zum Bekanntheitsgrad dieses Viertels beigetragen. An einem Platz, wo auch ein Gedenkstein für die vielen Ermordeten aus dem jüdischen Volk ist, reihen sich heute Restaurants und bieten polnische Speisen mit Klezmer-Musikbegleitung an. Dorothea führt uns mit Speed durch das Viertel, zeigt uns den Friedhof, die alten Synagogen. An einem Platz gibt es einen Flohmarkt, der für die Schüler und Schülerinnen mehr Anziehungskraft besitzt als die Gebäude.

Dann geht es zur Schindlerfabrik auf der anderen Seite der Weichsel. Das Gebäude ist heute als Museum eingerichtet, in der mit Bildern und Ausstellungsstücken sehr informativ und vielfältig die Geschichte des jüdischen Gettos, die Schreckensherrschaft der Nazis in Krakau sowie der Widerstand dagegen dokumentiert wird.

Um halb zwei geht es dann mit den allgegenwärtigen Touristen-Elektrotaxis, eine Art Golfwägen, wo 6 bis 8 Leute mitfahren können, zum Marktplatz und zu einem Nachmittag mit freier Zeit- und Raumeinteilung.

 

 

Kathedralen und Kirchen und Synagogen

Welcher Reichtum an kulturellen Schätzen in Krakau zu finden ist, wird mir am Nachmittag wieder bewusst.

Der größte Reichtum der katholischen Kirche ist aber wohl, und das wird an diesem Sonntagnachmittag sehr augenscheinlich erfahrbar, der Glaube und die tiefe Verbindung der Polen zu ihrer Kirche. Selbst mitten am Nachmittag sind manche Kirchen noch voll von Menschen, die andächtig bei der Hl. Messe sind.

Aus den Geschichtsbüchern und dem Studium ist mir die Bedeutung des besonderen polnischen Katholizismus vertraut. Die Kirche ist hier Nationalkirche. Maria ist die „Königin von Polen“. In Polen konnte sich die Reformation nie durchsetzen. Deswegen blieb Polen auch der 30-jährige Krieg erspart. Als Polen als einheitlicher Staat verschwand und auf drei andere Staaten aufgeteilt worden war, war die Kirche jene Kraft, die an der Vision eines polnischen Staats festhielt. Als die Nazis Polen besetzten und ihre Schreckensherrschaft errichteten, war die Kirche im Widerstand. Als schließlich die Kommunisten einen atheistischen Staat in Polen umsetzen wollten, war der polnische Katholizismus nicht auszurotten. Und heute? Wo sind die polnischen Bischöfe, die gegen die nationalistische Politik der PiS auftreten? Wo sind die Repräsentanten der Kirche, die gegen die Aufrüstung im NATO-Land ihre Stimme erheben? Mit Zuversicht denke ich an den Besuch von Papst Franziskus beim Weltjugendtreffen in Krakau, wo er unmissverständlich gegen die Politik der polnischen Regierung für die Flüchtlinge eintrat.

Polen eignet sich als ideales Beispiel um darzustellen, wie das Verhältnis von Kirche und Staat sein kann.

Eine Kirche, die im Widerstand zum Staat ist. Dafür steht beispielsweise der junge Priester Popieluzsko, dessen Bild mir auch in Krakau begegnete. Er wird als Märtyrer verehrt. Er wurde zur Zeit der kommunistischen Herrschaft vom polnischen Geheimdienst ermordet. Zu dieser Geschichte gehört auch die Solidarnosc-Bewegung und vor allem die Geschichte des bedeutsamsten Menschen von Krakau, Johannes Paul II. Für die Polen gilt er unwidersprochen als jener Mann, der Polen vom Kommunismus befreit hat. Eine Kirche, die auch im Widerspruch zum nationalsozialistischen Terroregime war. Dafür steht als großer Zeuge der Franziskanerpater Maximilian Kolbe.

Oder eine Kirche, die sich doch anpasst an das, was vom Staat vorgegeben ist.

Während die Schüler und Schülerinnen den Nachmittag zum Bummeln nützen, besichtige ich Kirchen, Kathedralen und Synagogen. Sie liegen aufgefädelt wie Perlen an einem Rosenkranz.

Zunächst nehme ich mir nochmals viel Zeit für die Marienkirche, sitze lange vor dem gotischen Hochaltar aus dem Jahr 1497, lasse mich auch auf die Details der Kunstwerke ein, die Höhe des Raumes mit dem blauen Deckenfresko, die Seitenkapellen.

Zweite Kirche ist das Zisterzienserkloster, das einer riesigen goldenen Schatzkammer gleicht.

Die dritte Kirche ist das Gegenstück dazu. Klein, fast unscheinbar, aus romanischer Zeit. Die Andreaskirche wird von Clarissinnen betreut. Sie ist bleibendes bauliches Zeugnis dafür, dass die Kirche auf Seiten der Armen steht.

In der vierten Kirche, deren Namen ich nicht mehr kenne, findet ewige Anbetung statt.

Die fünfte Kirche ist heute evangelisch. Davor steht eine Friedenssäule, die an das Gebet der Weltreligionen im Jahr 1992 erinnert. „May peace prevail on earth.“

Die sechste Kirche ist die Fronleichnamskirche. Es ist eine gewaltige gotische Kathedrale und im Inneren mit barocker Wucht aus schwarzem Holz und sehr viel Gold.

Die siebte Kirche ist die Katharinenkirche, ein große gotische Kathedrale. Ich sitze hinten und lasse mich auf den Sonntagsgottesdienst ein.

Zwischendrin streife ich nochmals durch das jüdische Viertel. Am Vormittag war keine Zeit, um eine der Synagogen auch im Inneren zu sehen. Drei davon schaue ich mir daher am Nachmittag an. Die Hohe Synagoge vom Ende des 19. Jahrhunderts, die mit größtem Aufwand gebaut worden ist, wirkt fast etwas schmuddelig. Die zweite Synagoge ist heute ein Museum mit einer Ausstellung von Bildern über jüdische Familien aus Krakau. Die Kupa-Synagoge ist ein kleiner Raum, der heute wohl auch nicht mehr für das Gebet verwendet wird.

Polnische politische Wirklichkeiten

Der Aufenthalt ist zu kurz, um auch nur annähernd zu verstehen, was in diesem EU-Land vor sich geht. Die Informationen, die wir in Österreich bekommen, sind aus dem Blickwinkel des Friedens und der Gerechtigkeit nicht verheißungsvoll. Polen als führendes Land der NATO-Aufrüstung, das bereitwillig zur Beteiligung an den Kriegen in jüngster Zeit war und die Aufrüstung an der russisch-polnischen Grenze mit größtem Engagement betreibt. Polen als Zugpferd der Visgegrád-Gruppe, die eine radikale Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen betreiben. Kein Wunder, dass Strache-Hofer auch Österreich in diese Gruppe führen möchte.

Bei meinen Streifzügen durch die Stadt komme ich zufällig auch an dem Kreuz vorbei, das an das Massaker von Katyn erinnert. Blumen, Kerzen und Schleifen in den rot-weißen Nationalfarben Polens sind davor.

 

Klezmer-Musik und polnisches Essen

In einem der bekannten Restaurants im Jüdischen Viertel ist für uns reserviert. Polnisches Essen mit Klezmer-Musik. Knapp an der Grenze zum Tourismus-Event. Die Schüler und Schülerinnen nehmen es mit Humor und bringen Stimmung hinein.

 

 

 

Montag, 19.9.2016

„Wer seine Geschichte vergisst, ist dazu verurteilt, sie nochmals zu erleben.“ (P. Grosz, ehemaliger Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde)

Die lange Heimfahrt

Ein grau-regnerischer Tag und für die Schüler und Schülerinnen eine Zeit, in der sie wohl lieber nicht angesprochen werden möchten. Ab 5:15 wird geweckt. Um 6:00 warten 5 Taxis vor dem Tara-Hostel. Alle sind pünktlich. Die Straßenbahn rumpelt vorbei – wie die ganze Nacht. Straßen, Beton, Asphalt, Häuserreihen auf dem Weg zum Bahnhof. Jetzt Mitte September beginnt es gerade hell zu werden. Die Taxis bringen uns direkt zu den Bahnsteigen und bringen uns so um das Gefühl, von einem Bahnhof abzufahren. 6:38. Die Abstände zwischen Bahnsteig und Zug passen nicht. Der Zug ist fast leer. Fahrt durch polnische Provinz. Kleine Häuser in Streusiedlungen. Im Grenzgebiet mächtige Kraftwerke. Zwischen Polen und der Tschechischen Republik braucht es keine starken Grenzkontrollen. Beide Länder sind als Visegrad-Staaten in einer Abschottungspolitik konform. Den eigentliche Grenzzaun gegenüber Flüchtlingen besorgt ohnehin Österreich – am Brenner, in Nickelsdorf. Grenzmanagement heißt dort der Bau von Mauern und Zäunen. Fahrt durch die Tschechische Republik. Die Oder ist hier erst im Entstehen. Die Fahrt vergeht sehr schnell. Zugfahren ist angenehm. Kein Transportmittel ist für lange Fahrten besser geeignet. Grenzbahnhöfe im bleibenden Flair von K&K-Bahnhöfen. Entlang der March und plötzlich sind die Aufschriften draußen auf Deutsch. Wieder in Österreich. Lesen, reden, im Speisewagen sitzen, arbeiten und die Landschaften draußen vorbei ziehen lassen. Erlebnisse und Erfahrungen ausklingen lassen.

 

Klaus Heidegger, 20.9.2016

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