Militärische Omnipräsenz

Eine meiner Lieblingssportlerinnen, die Mountainbikeweltmeisterin und Tirolerin Mona Mitterwallner, freut sich, sich als Heeressportlerin ganz ihrem Sport widmen zu können. Das rot-weiß-rote Bundesheeremblem „Unser Heer“ wird bei den Wettkämpfen im Jahr 2022 an ihrer Dress gut platziert zu sehen sein. Die Sportsoldatin trägt wie 150 weitere Grundwehrdiener und 300 Personen in geförderten Arbeitsplätzen, die im Heer zur Leistungssportförderung vorgesehen sind, wesentlich zum positiven Image des Heeres bei – sportlich, dynamisch, notwendig.

Dass heimische Soldatinnen und Soldaten – darunter auch Grundwehrdiener – an der Ostgrenze Österreichs in der Abwehr von Flüchtlingen eingesetzt sind, ist schon seit vielen Jahren Usus. Das heimische Militär arbeitet mit den Militärs der Staaten am Westbalkan zusammen, um die so genannten „Schlepperrouten“ zu schließen, wobei es eigentlich darum geht, die Fluchtrouten für Asylsuchende zu sperren.

Im Corona-Alltag haben wir uns ebenfalls an die Allgegenwärtigkeit des Bundesheers als Troubleshooter gewöhnt. Im März 2020 stand das Bundesheer an der Zollstation am Achenpass, um die Quarantäne-Schließungen zu bewachen. Nicht nur dort. Soldatinnen und Soldaten wurden seither eingesetzt, um in Covid-Teststationen oder Impfstraßen mitzuwirken. In Salzburg konnte man sich im vergangenen November sogar den „Stich“ in einer Hercules-Transportmaschine geben lassen. Der finale Gipfel schließlich war dann die Bestellung eines Generalmajors als militärischer Teil der Gecko-Doppelspitze. Wenn es um die Corona-Maßnahmen geht, wird das Volk nun generalstabsmäßig von einem General in flecktarnener Uniform informiert. Der Friedensforscher Thomas Roithner hat in einem Gastkommentar im STANDARD (2. 1. 2022) diese demokratiepolitisch bedenkliche Entwicklung deutlich benannt. Wenn das Bundesheer als „Universaljoker“ eingesetzt werde, so Roithner, so werden politische Grenzen überschritten. Gesundheit dürfe nicht als Sicherheitsaufgabe definiert werden. Es gehe aber vor allem darum, so Roithner, ,dass die Mittel zu Bewältigung von Krisen, sei es in Fragen der Gesundheit oder der Migration, direkt dort investiert werden und nicht letztlich zur permanenten militärischen Aufrüstung führen sollten. Tatsächlich kann sich das Heer um eine jährliche Steigerung ihres Budgets um fast 10 Prozent freuen.

Mit meiner Kritik möchte ich aber keinesfalls die demokratiepolitisch abgesicherten Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Pandemie in Frage stellen. Nein, ich sehe die Notwendigkeit von Impfungen oder die unausweichlichen Einschränkungen, um das Ausbreiten des Virus zu bekämpfen und das Gesundheitssystem nicht noch mehr zu belasten. Das Corona-Virus ist allerdings nicht ein „Feind“ – was Generalmajor Rudolf Striedinger so gerne sagt, sondern eine Gefahr für die Gesundheit. Ein Gesundheitsexperte an der Spitze von Gecko wäre mir jedenfalls wesentlich lieber und wäre wohl angepasster an das, was die Pandemie bedeutet. Ein hochrangiger Soldat in der wichtigsten staatlichen Covid-Kommission wird auch nur jene Ängste auf Seiten der Impfkritiker bekräftigen, die immer wieder unter ihrem Slogan „FREIHEIT“ vor totalitären Entwicklungen warnen.

Klaus Heidegger, 2.1.2021

Kommentare

  1. Zustimmung! Und eine (unvermeidliche !?) Anmerkung: Offenbar ist die Regierung (mehr als?) einverstanden, alles, was mit dem Virus zu tun hat, zu militarisieren. Während man sich uneins ist, ob das epidemiologische Konzept der Durchseuchung gelten soll, ist das marketingtechnische Konzept der „Durchmilitarisierung“ voll aufgegangen. Der Herr Striedinger nimmt die Gelegenheit wahr, und verkündet – in seinen neuen, europa- sprich: nato-konformen Tarnfleck gewickelt – eine neue Epoche (https://www.profil.at/oesterreich/zitate-der-woche-impfen-ist-die-strategische-waffe-gegen-das-virus/401864213) des österreichischen Militarismus, der sich weder um lästige Neutralität, noch um noch lästigere Gewaltfreiheit kümmern muss und – endlich (!) – drauflos kämpfen kann, ohne Rücksicht auf Verluste und Finanzen und mit dem Einverständnis (um nicht das schöne Wort „Segen“ durch den Kontext zu malträtieren) einer Regierung, die ihrem Namen in dieser Sache nur bedingt entsprechen kann. Der Rolle des Bundesheeres in der andauernden Pandemie ist durchaus und, wie ich meine, auch weitestgehend Respekt zu zollen. Die Frage allerdings, ob die Dankbarkeit und der fraglos lobenswerte und für das Selbstverständnis der Österreicher/innen zweifellos bestärkende Dienstleistung des BH auch für seine Rolle in der Zukunft eines, zivil fundierten Bundesstaates (und auch Europas) umgemünzt werden soll, wird mit jeder Einsatzwoche lauter, unausweichlicher und verständlicher. So deutlich wie z.B. die Neutralität (angesichts des bedrohlichen „Feindes“ namens „Virus“) gedanklich bereits ins Abseits gerückt und vergessen gemacht werden soll, tut sich – in Entsprechung dazu – der Weg auf zu einem ZIVILEN (Katastrophen-) HILFSDIENST für ALLE (Männer, Frauen, LBGQT) in intensivem MITeinander von ALLEN helfenden Organisationen, die wir jetzt schon haben. Vorerst und bis es dann soweit ist – braucht es die zivile Vernunft einer/s jeden, eine intensivierte Besinnung auf die Mitmenschlichkeit in allem und Vor- und Rücksicht auf alles und jedes.

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