Coronaroulette an den Schulen

Coronapositiv getestet. Abgesondert. Es war eine Frage der Zeit, bis es auch mich erwischen wird. Ein einziges Mal war ich im Laufe von mehr als 20 Dienstjahren krankgeschrieben. Jetzt bin ich es wieder. Bewusst habe ich in den letzten Wochen Kontakte vermieden gehabt. In der Schule hieß es aber, präsent zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich in der Schule infiziert habe – trotz Maskentragen, kräftiges Lüften in den Klassenzimmern usw. – beträgt gefühlt 99,9 Prozent.   Und morgen – welche Klasse wird wieder in Quarantäne geschickt werden? Welche Lehrperson wird wieder ausfallen? Man nimmt es in Kauf. Geimpft und geboostert, wie ich zum Glück bin, galt ich offiziell auch nicht als K1-Person, egal ob es in den Schulklassen oder im Konferenzzimmer positive Fälle gab.

Am Ende der Weihnachtsferien bat ich den Vorschlag zu prüfen, ob es nicht angesichts der Omikron-Welle Möglichkeiten gäbe, in einem Oberstufengymnasium zumindest an bestimmten Tagen oder für bestimmte Klassen einen Heimunterricht anzubieten: zum Schutz der Schüler:innen und des Lehrpersonals. Ich hinterfragte damals die Strategie der Durchseuchung der Schulen. In manchen Klassen, die mit der Zeit nur mehr hybrid unterrichtet werden konnten – ein Teil physisch anwesend, andere daheim – wäre auch aus Gründen der Lehrvermittlung ein Heimunterricht zielführender gewesen. Die Vorgaben von Ministerium und Bildungsdirektion waren anders: Die sprachen von einem Sicherheitskonzept in den Schulen, von Lüftungsanlagen und dass ohnehin ausreichend getestet würde. Gerne hätte ich den Bildungsminister auch nur einen Tag an unserer Schule in den Klassenzimmern gesehen. Vielleicht wäre er dann vorsichtiger gewesen mit dem Narrativ von den „sicheren Schulen“.

Was wir auch im Bildungssystem haben: Ein österreichisches Durchwurschteln. Kein Gestalten. Kein voraussehendes Handeln mit Weitblick. Ein Befolgen von behördlichen Vorgaben. Nicht einmal Hausverstand. Man nimmt in Kauf, dass Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrpersonal an Corona erkranken. Man lebte mit den Widersprüchen, dass überall sonst über Monate 2G galt – was aber im Schulbereich ohnehin nicht umsetzbar wäre. Man gaukelte Sicherheit mit den Anti-Gen-Tests vor – und ich habe jetzt selbst erfahren, wie unzuverlässig diese auch in meinem Fall waren. Warum ich aber besonders „verschnupft“ bin – in einem doppelten Sinn: Dass die Gefahren, die mit einer Durchseuchung – ich verwende bewusst dieses Wort – verbunden sind, herunter gespielt werden. Eine Herdenimmunität darf nicht mit hohen Infektionszahlen verbunden sein. Da gibt es beim jetzigen Stand der Wissenschaft einen medizinisch, epidemiologisch und volkswirtschaftlich besseren Weg: eine hohe Impfrate auch unter Schülerinnen und Schülern. Omikron darf nicht leichtfertig verharmlost werden. Mich ärgert die Grundhaltung, die ich zuletzt immer wieder gehört habe: Ist ja nur Omikron. Und nun wird bei höchsten Fallzahlen schon überlegt, die Maskenpflicht in den Schulen abzusetzen. Die Zahl der Intensivbetten scheint einziges Richtmaß zu sein. Wenn diese nicht steigt, dann passt es schon. Meine Gliederschmerzen, die schlaflose Nacht, die Kurzatmigkeit und die Ungewissheit- was wird bleiben, die Absonderung und die momentane Unfähigkeit zum Beruf – es passt eben nicht!

Klaus Heidegger, Tag 1 der Absonderung

 

 

Kommentare

  1. Lieber Klaus, du hast für mich die Situation immer richtig eingeschätzt. Auch die oft so sinnlose und widersprüchliche Testerei führt oft zu Irritationen. Jetzt steht noch die Olympiade vor der Tür, auf die die SportlerInnen über Jahre hinarbeiten und vielleicht durch ein falsches Testergebnis gestoppt werden. Ist dies fair? Für mich zählt Eigenverantwortung, Abstand halten und Massenveranstaltungen zu vermeiden. Mit dem Coronavirus müssen wir in Zukunft leben, genauso wie mit dem Grippevirus. Gute Besserung und alles Gute, Maria

  2. Sehr geehrter Herr Heidegger,
    ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen gute Besserung.

    Ich kann aber leider kaum nachvollziehen warum Sie auf eine Durchsuchung in dieser Perspektive blicken. A, ist eine Durseuchung im Fall von Omikron nicht zu verhindern und B, wird eine hohe Impfquote mit den aktuellen Impfstoffen nichts ändern können. Omikron macht keinen Halt vor Geimpften oder Genesenen Menschen. Auch eine Booster-Impfung bringt marginalen Nutzen, hierzu weiß die Wissenschaft noch keine genauen Zahlen, allerdings sprechen die Infektionen leider Bände.

    Was jedem Geimpften und Genesenen bleibt ist eine Kreuzimmunität die einen Schutz gegen schwere Verläufe bietet, definitiv aber keinen Schutz vor Infektion. Immune-Escape.

    Eine Infektion bei Geimpften hat, wenn die Infektion hoffentlich ohne Komplikationen abklingt, den Vorteil einer besseren Immunisierung. Wer sich bislang nicht für die Impfung entschieden hat, der hat es mit der Variante ebenfalls besser, da sie nachweislich weniger virulent ist, auch für nicht Immunisierte.

    Eine völlige Verharmlosung von Omikron, da gebe ich dir recht, ist nicht angebracht. Eine Durseuchung findet aber statt, egal ob dritte Impfung oder nicht und bis ein angepasster Impfstoff da ist, ist diese passiert. Basierend auf der Entscheidung über Immunität die jeder einzelne getroffen hat, ist Omikron eines der besseren Dinge die uns in diesen Pandemie-Jahren passiert ist, da diese Variante dafür sorgen wird, dass auch Ungeimpfte ohne allzu hohes Hospitalisierungs-Risiko Immunität und damit Kreuzimmunität erhalten werden. Eine Wahl bleibt uns da nicht.

    Darüber kann man sich streiten, ich bin aber der Auffassung, dass es kein idiotische Entscheidung ist, wenn ganze Länder sich dazu entscheiden zu lockern. Österreich macht das Gegenteil und das ist für mich nicht argumentierbar, wer hier einen Nutzen sieht, entzieht sich den wissenschaftlichen Tatsachen.

    Der österreichischen Politik wünsche ich aufrichtigst, dass sie bessere Entscheidungen treffen wird und in puncto Bildungssystem sowie Gesundheitssystem für eine sinnvolle Entlastung sorgen kann. Allzu viel Hoffnung hege ich da aber nicht mehr.

    Ich hoffe Sie sind bald Rekonvaleszent und wieder wohlauf!

    In guter Erinnerung an Sie und Ihren Unterricht,
    Peer Hechenberger

    1. Lieber Peer, Danke für deine Überlegungen. Und ich merke selbst: Den Schutz von Impfung und Booster zu haben, hilft mir und anderen. Lg und ich schätze weiterhin dein kritisches Hinterfragen, das schon im Unterricht immer so wertvoll war.

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