Solidarisch mit den Zielen und Aktionen der „Letzten Generation“

Am letzten Tag der Aktionswoche der „Letzten Generation“ findet im frühmorgendlichen Innsbruck ein Slow-March statt. Es ist die 14. Aktion auf der Straße in dieser Woche. 13 Straßenblockaden gingen voran. SlowMarch ist eine niederschwellige Form des zivilen Ungehorsams und hat sich als zweite Aktionsform der Letzten Generation bewährt. Am vereinbarten Treffpunkt warten bereits Polizeikräfte. Die Demo ist nicht als Kundgebung angemeldet. Irgendwie gibt es aber ein gutes Agreement mit der Polizei. Der Innsbrucker Polizeipräsident lässt sich nicht von der Politik – insbesondere den Schreiern auf der ganz rechten Seite, die aber auch von Seiten der ÖVP und SPÖ in Tirol populistisch imitiert werden, in seinen Entscheidungen beeinflussen. Er verteidigt das Recht auf Versammlungs- und Kundgebungsfreiheit, solange es keine größeren Beeinträchtigungen gibt. Landeshauptmannstellvertreter und SPÖ-Chef Dornauer sieht es anders. Einmal mehr agiert er als politischer Anwalt der Autofahrenden und fordert rigorose Strafen für die „Klimakleber“. Bei der heutigen Demo werden allerdings keine Daten aufgenommen, mit denen dann Verwaltungsstrafen ausgestellt werden könnten. Der gewohnte Morgenverkehr. Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zu ihren Schulen, Arbeitende auf dem Weg zu ihren Arbeitsplätzen, die Straßen voll mit Autos. Auf einer der belebten Straßen wird der Verkehr nun aber gestört. Die Fußgängerampel schaltet auf Grün. Mit ihren Warnwesten stoppen die Aktivistinnen und Aktivisten den Verkehr. Die rund 60 Menschen spazieren langsam die Straßen entlang. Die Polizei begleitet achtsam den Zug. Für Einsatzfahrzeuge und öffentliche Verkehrsmittel bleibt aber immer Platz. Sie werden nicht behindert.  Für eine ganz besondere Stimmung sorgt das StreetNoise Orchestra. Widerstand soll lebendig und bunt sein und auch Spaß machen. Widerstand soll auch Musik sein. Wahrscheinlich sind die Menschen, die nun in ihren gewohnten automobilen Ritualen gestört werden, heute im Durchschnitt weniger grantig und aggressiv und brüllen nicht aus den Autos „geht doch arbeiten!“ Menschen am Straßenrand zeigen uns mehr als sonst den Daumen nach oben und kaum jemand verwendet heute einen Stinkefinger. Mit Vertretern der Scientists for Future trage ich das Banner mit der Aufschrift „Die Fakten sind klar. Es ist Zeit zu handeln.“ Darüber zeigt eine Grafik, wie die globale Erwärmung sprunghaft ansteigt. Ja, die Wissenschaft ist sich klar darüber, was geschieht, auch wenn ein Gegendemonstrant mit einem Schild herumfuchtelt, auf dem „Klimahysterie“ steht. Schon vor einigen Monaten hatte sich die österreichische Rektorenkonferenz mit den Klimaprotesten solidarisiert. Auch das Hinhören auf die täglichen Nachrichtenmeldungen gibt ausreichend Legitimation für solche Kundgebungen: Schwere Unwetter in Asien, Dürre in Spanien, aufgewärmter Atlantik, Klimaflüchtlinge ertrinkend im Mittelmeer, schmelzende Gletscher und bröckelnde Berge. Die Kipppunkte sind real und wissenschaftlich überprüft. Der SlowMarch geht vorbei an den Universitätsgebäuden, durch die Altstadt und endet im Innenhof des Neuen Landhauses. Das StreetNoise Orchestra spielt nochmals auf. Die Botschaft der Kundgebung richtet sich an die hier sitzende Politik. Handelt endlich! Wir sind in einem Klimanotstadt. Zumindest klimaangepasste Tempolimits soll es geben! Die Wiener Ärztekammer hat sich in einer Resolution mit den Zielen der Letzten Generation solidarisch erklärt. Darin finden sich eindeutige Aussagen aus der Perspektive der Ärzteschaft. „Wir haben keine Zeit zu verlieren …“, mahnt die Ärztekammer. Die Erderwärmung habe „katastrophale Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen“, schreibt die Ärztekammer und weist dabei vor allem auf die chronisch Erkrankten hin. Aber auch auf „neuartige Krankheitsvektoren“ wird Bezug genommen. Genannt werden die tropische Tigermücke, allergene Pflanzen, Algenblüten oder tropische Schimmelpilze sowie die Folgen von Unwetterkatastrophen. Aus den Fenstern des Neuen Landhauses schauen Menschen. Kein Vertreter der Politik kommt heraus, um sich zumindest für die Musik des StreetNoise Orchestra zu bedanken.

Kommentare

  1. Vielen Dank für Deine Solidarisierung mit den Anliegen der KlimaaktivistInnen!
    Wer im Stich läßt seinesgleichen,
    Läßt ja nur sich selbst im Stich.
    B.Brecht (Das Solidaritätslied)

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