Ein neuer Kriegstag, ein neuer Sonnentag und zwei ganz andere Sprachen

Meine Seele pendelt zwischen den beiden Extremen und es kommt nicht zur Ruhe das Pendeln der Seele zwischen den beiden Extremen, pendelt zwischen den Nachrichten vom Grauen der Kriege und dem Blau des Himmels über den schon herbstlich gefühlten Bergen mit all ihrer Schönheit.

In Interviews und Talkshows erklären Generäle und Professoren von militärischen Akademien, warum es noch mehr Waffen bräuchte, um die Aggression des russischen Präsidenten und seines Regimes zu stoppen. Man gibt vor, es gäbe nur die eine Sprache der Waffen, der Drohnen, der Panzer, der Maschinengewehre, der Raketen, der Bomben, der Streitkräfte, der Verteidigungsringe, des Zurückeroberns eroberter Gebiete und des Zurückerorberns zurückerorberter Gebiete. Beide Seiten sind stolz auf Geländegewinne, melden in heldenhaftem Ton, eine Stadt oder ein Dorf eingenommen zu haben oder es wieder dem Feind zurückgenommen zu haben, und Dörfer und Städte bleiben als Ruinen zurück und auf den Wegen sind die ausgebrannten Panzer und die Leichen zerschossener Soldaten und in den Spitälern werden Beine und Arme und Hände amputiert. Man hüllt die Särge von Vätern und Söhnen, von Müttern und Töchtern, von Brüdern und Schwestern in nationalistische Flaggen und greift wieder und wieder zu den Instrumenten grauenvollen Tötens und schreit lautstark: wir brauchen noch mehr Waffen, gebt sie uns doch, wir wollen kämpfen, kämpfen, kämpfen.

Kaum hörbar wird eine andere Sprache und es fehlt an jenen, die sie verstünden, es fehlt an Dolmetscherinnen und Dolmetschern, die sie in die Medienwelt trügen, damit davon geschrieben würde und darüber Journalistinnen und Journalisten berichten würden. Man könnte diese Sprache vom tiefblauen Himmel lernen, in dem es keine Frontabschnitte gibt, kein Einteilen des Gemeinsamen in Gebiete und keine Stellungen und kein Abnützungskrieg. Man könnte diese Sprache aus den heiligen Schriften lernen, die davon sprechen, die Feinde zu lieben und sie so in Freunde zu verwandeln; man könnte in die Geschichtsbücher blicken und begreifen, wie Menschen ganz ohne Gewalt sich befreiten von Usurpatoren, wie Staatenlenker auf grünen Tischen und nicht am Schlachtfeld mühsam aber erfolgreich Verträge des Friedens erdachten. Die Sprache wurde längst in vielen Büchern von Friedensforschenden wissenschaftlich nachgewiesen. Es gäbe die Methoden des gewaltfreien Widerstands, es gäbe – so Gene Sharp – eine Civilian Based Defense ganz ohne die Milliarden für Kriegsgeräte und dennoch den Frieden sichernd; es gäbe, so Theodor Ebert, eine Soziale Verteidigung, die nicht der militärischen Mittel bedarf und stärker sein kann als jede militärische Aggression. Wie Frieden gemacht werden kann, zeigten uns Frauen wie eine Bertha von Suttner, zeigten uns Männer wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King, zeigten uns die zivilen Kräfte, die zum Fall der Mauer zwischen Ost und West führten, zeigen uns Organisationen wie Nihon Hidankyo, die davor warnt, dass die verheerende militärische Logik letztlich in die Apokalypse eines Atomkriegs führen wird.

Klaus Heidegger, 25. August 2025
(Bild: Blume zwischen Steinen am Hochfeiler, n.f.)

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