
Noch im Dunkel zwischen Nacht und Tag wecken die Vögel mit ihrem Gesang. Goldgelb strahlen die Forsythien, kräftig-grün die ersten Graspflanzen und Löwenzahn blüht schon an den Straßenrändern. Strahlend weiß sind aber noch die Berge weit oben und darüber ein wolkenloser tiefblauer Himmel. Ein Tag gemacht wie für eine spontane Skitour auf einen meiner Lieblingsberge: den Zwieselbacher Rosskogel (3080 m). Die Südhänge im Sellraintal sind bis in die Gipfelregion hinauf schneelos und braun-gelb. Die Nordseite des Tales ist aber mit frischem Schnee überzogen – auch wenn sich da ganz trügerisch so mancher Stein und Felsbrocken versteckt halten. Die Tour habe ich schon oft beschrieben: Der Ausgangspunkt ist im Weiler Haggen bei einer Kapelle, die auf Maria Schnee geweiht ist. Manche würden den Ausgangspunkt eher nach dem Gasthaus Forellenhof benennen. Zuerst führt die Spur flach hinein entlang von Lärchenbäumen in das Kraspestal. Die erste Zwing ist die einzige Herausforderung bei dieser Tour. Diesmal ist der steile Aufschwung besonders hart. Ich habe die Leichtsteigeisen dabei – und so ist es problemlos und sicher mit den Ski am Rucksack. Dann wird es wieder flach. Vorbei an einer Almhütte. Die Spur in der oberen Zwing ist griffig. Die Landschaft hat noch den Charakter einer Gletscherlandschaft – mit Moränen unten und einem Wechselspiel von flachen und steilen Hängen. Den Gletscher gibt es aber nur mehr in kleinem Maßstab ganz oben. Manche gehen mit den Ski bis zum Gipfel. Ich lasse die Ski lieber am Depot, um mir den Stress zu ersparen, am engen Gipfelgrat die Ski abzufellen und aus- und anzuziehen. Der Blick vom Gipfel reicht weit – ganz im Osten der Großvenediger, vor uns die Tausenden Gipfel der Stubaier und Ötztaler Alpen, weit unten die Bergtäler. Es hat sich sogar noch Pulver gehalten und die Weite des Gebietes gibt Möglichkeit, eigene Spuren zu ziehen. Nur aber der 2. Zwing wird es eine Fahrt über hartgefrorene Altspuren. Die Steilheit der Zwing erspare ich mir bei der Abfahrt und nehme den Sommerweg, wo die Spur schon etwas aufgetaut ist. Zurück in der Wohnung höre ich wieder die Nachrichten: von Kriegen und Zerstörungen, von demokratiepolitisch bedenklichen Entwicklungen und den Gräueltaten von Menschen. All das ist wie die Antithese zum beginnenden Frühling und zur Schönheit der Schöpfung, die ich einmal mehr erleben durfte.