EU nur Utopie und nicht EUtopie

 

In den vergangenen Monaten habe ich immer wieder „die“ EU gegenüber rechtspopulistisch-nationalistischen Kräften und ihrem EU-Bashing verteidigt. Den BREXIT und analoge Entwicklungen in anderen Ländern Europas habe ich als Schritte in Richtung eines Europas von kleinkarierten Nationalstaaten kritisiert, die alle nur ihre eigenen egoistischen Süppchen kochen wollen, nicht aber bereit sind, jene Probleme gemeinsam zu lösen, die nur gemeinsam gelöst werden könnten: Die Flüchtlingskrise, die Klimaveränderung , die zunehmende Verarmung an den Rändern Europas, die Verelendung in Ländern des Südens und die Gefahr durch Terror von rechtsradikalen und islamistischen Kräften. Diese Aufgaben zu schaffen, geht nur durch gemeinsame europäische Zusammenarbeit. Dafür bräuchte es eine EU, die die genannten Problem wirklich gemeinsam lösen will, bräuchte es die 28 minus 1 Staaten der EU und die europäischen Zivilgesellschaften, die dies auch gemeinsam bewerkstelligen wollen. Mit meiner EU-Kritik hielt ich mich also zurück, um nicht auf die Mühlen von UKIP, PiS, AfD, FPÖ, Front National usw. zu arbeiten.

Leider ist die real-existierende EU weit entfernt von der Utopie eines Europas, das Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung auf ihre blaue Fahne schreiben könnte. Im Inntal und entlang der Brennerautobahn können wir es hören, riechen und sehen. Beim Transitverkehr gibt  es im Jahr 2016 ein Plus um 8,2%.  Die Luftmessstellen entlang der Autobahn beweisen die permanenten Überschreitungen der Grenzwerte. Zugleich aber wird seitens der EU nun geklagt, dass in Tirol Maßnahmen wie das sektorale Fahrverbot für die Durchfuhr von bestimmten Gütern durchgesetzt werden soll. Der „freie Warenverkehr“, so die dahinter stehende Ideologie, dürfe nicht eingeschränkt werden.

Die Zuversicht in eine ökologisch orientierte EU wird durch solche Aktionen jedenfalls nicht genährt. Im Gegenteil. Die EU bzw. Länder wie Deutschland und die Niederlande scheinen sich von den Fesseln eines neokapitalistischen Systems nicht lösen zu wollen, in dem die Interessen des Kapitals Vorrang vor den Lebensinteressen der Bevölkerungen haben. Diese EU brauchen wir tatsächlich nicht. Möge sich eine andere EU endlich erweisen und durchsetzen, damit dieses Europa zu einem guten Ort wird. Mit ihrer Forderung, Dieselfahrzeuge stärker zu besteuern sowie weiteren Temporeduktionen gibt sie zumindest ein Signal in die richtige Richtung, das von der heimischen Politik aufgenommen werden sollte. Was seitens der EU-Behörden zu Recht vorgeschlagen wird und hierzulande vehement abgelehnt wird, ist die Tatsache, dass durch Dieselbesteuerung und Temporeduktionen wesentlich mehr für die Luftgüte getan werden kann als durch ein sektorales Fahrverbot. Beides sollte aber nicht gegeneinander ausgespielt werden. Angesichts der dramatischen Situation für die Bevölkerung im Inn- und Wipptal braucht es beide Stoßrichtungen. Höhere Dieselpreise in Tirol würden auch den Umwegverkehr in Tirol einbremsen, was eine größere Reduktion an Lkw-Transitfahrten mit sich brächte als das sektorale Fahrverbot.

Klaus Heidegger, 29.7.2016