Einmischungen aus christlich-katholischer Sicht in tagespolitisches Geschehen

 

Unsere Diözese gedenkt in diesen Tagen Männer und Frauen wie Carl Lampert (ermordet am 13.11.1944), Jakob Gapp, Otto Neururer, Schwester Autsch oder Josef Mayr-Nusser. Letzterer wird im März 2017 von Papst Franziskus seliggesprochen. Es sind Menschen, die sich damals aus christlichem Bekenntnis heraus mit konkreten Worten ins tagespolitische Geschehen eingemischt hatten. Jakob Gapp tat es im Dezember 1938 unter anderem von der Kanzel, wissend, dass die NS-Spitzel bereits hinten in der Laurentius-Kirche saßen. Tausende Jugendliche zogen am Christkönigssonntag 1938– jenes Fest, das gerade gefeiert wurde – in den Wiener Stephansdom mit der Botschaft: „Es gibt nur einen Führer, Christus ist unser Führer.“

Heute wünschen wir uns: Hätten doch damals viel mehr Menschen Mut gehabt, laut gegen das aufzutreten, was diametral den christlichen Werten widerspricht. Wir wünschen uns eine Kirche, die nicht still ist, wenn gegen Minderheiten und andere Religionsgemeinschaften gehetzt wird mit Sätzen wie „Muslime finde ich nicht in den Pflegeberufen …“ und die nicht die Augen verschließt, wenn für neue Kriege gerüstet wird. Es ist eine Kirche, die sich aufregt über das, was hinter der heutigen Schlagzeile im KURIER „so muss die EU aufrüsten“ steckt. Es ist eine Kirche, die – wie der neubestätigte österreichische Caritaspräsident – gegen die Kürzung der Mindestsicherung Stellung bezieht.

Pfarrer Ernst Ellinger, der als Aushilfspriester in der oberösterreichischen Pfarre Mondsee predigte, wird von einem FP-Funktionär und Bundesheeroffizier nun gerichtlich verfolgt. Unter anderem soll er gesagt habe: „Es bereitet mir Schmerz, welche Qualen Flüchtlinge erleiden müssen – und dass die Blauen sie stets kriminalisieren.“ (SN, 19.11.2016) Es mag sein, dass Ernst Ellinger in seiner Predigt tatsächlich zu weit gegangen ist und Worte fand, die verletzend waren. Was dann aber geschah, stimmt nachdenklich. Hier beginnt nämlich die eigentliche Hetze gegen einen kritischen Amtsträger der Kirche.

Aufgerollt wurde dieser Fall nämlich erst durch die oberösterreichische Zeitung „Wochenblick“. Die Redakteure dieses Blattes sind meist direkt mit der FPÖ verbunden. Ein Redaktionsmitglied ist Mitbegründer der rechtsextremen Identitären. Die FPÖ geht mit Gerichtsverfahren gegen Ellinger vor. Wäre es hier nicht angebracht gewesen, zunächst das zu beherzigen, was uns auch das Evangelium bei Konflikten in einer Gemeinde vorgibt? Jesus gibt eine genaue Anweisung, wie im Fall eines Streites – einer Versündigung des einen gegen den anderen – innerhalb der Jüngergemeinde zu handeln sei. Von klarer Zurechtweisung ist da die Rede, von Zeugen, die bei hartnäckiger Weigerung des Sünders herbeigezogen werden sollen (Mt 18,15-20).

In dieser Situation hätte ich mir gewünscht, wenn die Diözesanverantwortlichen anders gehandelt hätten. In einem FPÖ-Organ wird Ellinger als „Hass-Pfarrer“ tituliert, der mit einer „Schock-Predigt“ durch die Diözese Linz von der Kanzel verbannt worden sei. Anstatt einen 79-jährigen Priester vor einer unmäßigen Polemik zu schützen, soll er seiner Aufgaben enthoben werden. Was Erzbischof Lackner gesagt haben soll („…kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, hauptamtliche wie ehrenamtliche, dürfen sich in ihren Funktionen nicht in tagespolitische Diskussionen einmischen“ (SN 19.11.2016) , entspricht weder kirchlicher Lehre noch Praxis, die immer auch kritische Einmischung in politisches Geschehen beinhaltet.

Klaus Heidegger, 21.11.2016, Gedenktag des Hl. Agapius, der als Märtyrer starb.

Kommentare

  1. Danke, Klaus, für diesen Kommentar. Ich bin auch beunruhigt, wie sich die Kirchenverantwortlichen (wobei ich nicht weiß, wer das in diesem Fall ist/war) sich hier verhalten hat.

  2. Danke, so sehe ich das auch und werde mich daher selbstverständlich auch weiter zu politischen Themen äußern.

  3. Wenigstens einmal eine positive Nachricht : Das Verfahren gegen einen Priester, der im November in einer Predigt in Mondsee in Oberösterreich die FPÖ beleidigt haben soll, ist eingestellt worden. „Der Tatbestand der Verhetzung ist nicht erfüllt, weil eine politische Partei keine geschützte Gruppe ist“, erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wels, Birgit Ahamer, den „Salzburger Nachrichten“ .

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