Sehr geehrter Herr Außen-, Europa- und Integrationsminister Sebastian Kurz! Ein Offener Brief.

Da Sie selbst und Ihre Berater überzeugt sind, dass Ihre Politik ganz dem Willen des Volkes entspreche, hier eine entgegengesetzte Stimme.

Erstens: Regieren statt wahlkämpfen

Ihr offenkundiges Ziel ist es, in der Funktion eines Kanzlers oder Vizekanzlers zu regieren. Wenn Sie regieren wollen, warum tun sie es nicht jetzt schon? Warum drängen Sie auf Neuwahlen? Warum sprengen Sie die gegenwärtige Koalition? Sie haben einen Koalitionspartner, der erklärtermaßen bereit wäre, die drängenden Probleme in Österreich aufzugreifen und Entscheidungen zu treffen und nicht die Kräfte für Wahlkämpfe zu verheizen. Die ausgestreckte Hand von Bundeskanzler Kern zu einer weiteren Partnerschaft in der laufenden Regierungsperiode haben Sie ausgeschlagen. Es bräuchte so dringend Maßnahmen im Bereich der Umwelt-, Sozial-, Integrations-, Wirtschafts- oder Bildungspolitik. Warum laufen Sie davon und rennen in Neuwahlen, wenn es gilt, Reformvorhaben auch wirklich umzusetzen? Damit ist den Arbeitslosen in Österreich nicht gedient. Damit kann kein Kleinbetrieb gerettet werden. Damit wird das Schulsystem nicht den neuen Herausforderungen angepasst. Damit werden die Klimaziele nicht erreicht. Das nützt den Armutsgefährdeten hierzulande nicht. Als Außenminister und OSZE-Vorsitzender hätten Sie jetzt schon alle Hände voll zu tun, damit die großen europäischen Fragen – Migration und Peacebuildung – angepackt werden. Ihre Neuwahlforderungen sind jedoch ein denkbar schlechter Dienst für Ihre Rolle in der OSZE. Wenn Sie jetzt nicht fähig sind, eine Politik zu machen, die dem Frieden, der Gerechtigkeit, der Sicherheit und der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen dient, warum wollen Sie dann überhaupt gewählt werden? Politiker werden nicht deswegen gewählt, um Wahlkämpfe zu betreiben, sondern um ihren Job zu machen. Ich gehe auch nicht in ein Gasthaus, um die Reden eines Wirtes anzuhören, wie gut er kochen könne. Wenn das Essen nicht passt, dann passt auch der Wirt nicht, dann entlarvt sich der kochende Wirt selbst als eitler Hochstapler.
Zweitens: Verkehrte Politik und offensichtlicher Populismus

Als Außen- und Integrationsminister haben Sie Akzente gesetzt, die nicht dem Frieden und der Gerechtigkeit dienen. Ich erinnere an Ihren populistischen Sager vom „Wahnsinn der Nichtregierungsorganisationen“, weil diese den ertrinkenden Menschen im Mittelmeer zu Hilfe kommen. Menschenrechtsorganisationen aber auch die Kirchen haben klar signalisiert, dass Sie mit solchen Aussagen die rote Linie in Richtung Inhumanität überschritten haben. Offensichtlich wollen Sie den blauen Herausforderer übertrumpfen, indem Sie sich als der bessere HC generiert haben. Zufrieden sind Sie mit dem Image als „Schließer der Balkanroute“ in Geschichtsbücher einzugehen. Ist es wirklich Ihre Ansicht, oder – und das ist meine Vermutung – geht es einfach darum Stimmungen zu machen, um so diese Stimmungen für die eigene Machtergreifung zu nützen? Blanker Populismus. Da passt es nur zusammen, dass Sie als einer der wenigen Mitte-rechts-Politiker Europas selbst mit Viktor Orbán ein gutes Verhältnis pflegen. Weit entfernt sind solche Positionierungen jedenfalls von christlich-sozialen Maßstäben, auf die einst die ÖVP aufzubauen versuchte.

Drittens: Der starke Mann mit Generalvollmachten

Die Art und Weise, wie Sie nun Bedingungen für eine ÖVP-Obmannschaft stellen, Durchgriffsrechte und Generalvollmachten für den Parteichef, zeigt eine autoritäre Geisteshaltung und entfernt sich von den demokratischen Checks and Balances, mit denen die Großparteien bisher versuchten, Verbände und Länder in die Entscheidungsprozesse einzubinden.  Dies mag dem Wunsch nach einer „starken“ Führungsperson in breiten Teilen der Bevölkerung entsprechen, widerspricht aber dem Geist und den Grundregeln demokratisch-organisierter Parteien.

Noch hoffe ich, dass die liberalen Kräfte in der ÖVP – für die ein Mitterlehner oder Rupprechter stehen – sich noch einmal aufraffen werden, um gemeinsam mit dem Koalitionspartner die Regierungsaufgaben zu erledigen, sich nicht vor den Karren des Rechtspopulismus spannen lassen und einer autoritär geführten Partei eine Absage erteilen.

Dr. Klaus Heidegger, 6067 Absam, 13. Mai 2017

Kommentare

  1. Danke für diesen Artikel. Sie sprechen mir aus der Seele.ich hoffe u d bete, dass die övp keinen rechtspopulisten an die Spitze der Partei wählt.
    Und wenn die övp schon verzweifelt genug ist, einen rechtspopulisten als Parteiabzeichen,Ann zu akzeptieren, hoffe ich, dassviele övpler wenigstens zu stolz sind zu akzeptieren, dass die övp damit vom nächsten Wahlzettel verschwunden ist und statt ihr eine ominöse „Liste kurz“ aufscheint.
    Erinnert das nicht ein bisschen an Dollfuß?

  2. S. g. Herr Dr. Klaus Heidegger! Auch ich teile ihre Ansichten in dieser traurigen Angelegenheit. Die Gründe sind aber gut versteckt. 1. Man will die bereits vereinbarten Verbesserungen für die Österreicher nicht mehr zulassen. 2. Manche in der ÖVP, besonders ein Herr Wolfgang Schüssel, wollen mit allen Mitteln die Untersuchungen stoppen. Um das zu erreichen, verwenden sie einen leichtgläubigen und etwas undiplomatischen Möchtegern im Größenwahn. Überprüft man die Personen, die das und den Herrn unterstützen, kommt man sehr rasch auf ihre, zum Nachteil für Österreich, geleisteten Arbeiten, z. B.: Verluste von einer Milliarde sind auch jetzt kein Hindernis ein Minister zu werden.

  3. Man stelle sich nur vor, eine Partei die ihrem Obmann Vollmachten in Bezug auf Inhalt und Personal gibt, gewinnt die absolute Mehrheit bei den NR-Wahlen. Das wär dann die letzte Wahl gewesen…..Unfassbar.

  4. Es ist wirklich an der Zeit, dass sich etwas ändert,
    Moral, Ethik sind für viele Politiker Fremdwörter

    ich will etwas verändern, sehen Sie sich meine Webseite an (ÖEP-Österreichische Ethikpartei)
    https://oeep1.jimdo.com

    bei Interesse bitte kontaktieren Sie mich oeep@inode.at oder 0699-170-98641

  5. Also, ich lasse diesen Brief nicht unbeantwortet: wenn Herrn Kanzler wirklich arbeiten wollte, hätte er das schon längst mit seinem EX-Vize gekonnt. Nur ging das nicht, weil in beiden Parteien (sowohl SPÖ als auch ÖVP) gegen eine gemeinsame Arbeit interner Widerstand geleistet wurde…nicht nur in der ÖVP…..also, war es richtig, dass einer etwas ändern will, egal, wie er heißt. Dass es nicht ganz zufällig Kurz war, war auch vorherzusehen. Ihm jetzt eine schlechte Note auszustellen, wäre genauso, wie wenn ich sagte: der Bundespräsident hat den und den Makel, oder unser Kanzler ist unfähig, etwas zu bewegen…Tja, die Gedanken sind frei, das hat schon ein
    Gescheiterer als ich gesagt….ich wünsche auf jeden Fall Herrn Kurz alles Gute ! Lg Conny

  6. für mich ist der „Reich ist Geil“ Möchtegern Politiker, gutes Auftreten aber was bringt und kann er?

  7. Es ist ja wirklich so, saß Kanzler Christian Kern immer wieder seine Hand zur Zusammenarbeit ausstreckt. Man erkennt auch ganz klar, daß er stets zum Wohle der Österreicherinnen und Österreicher eine gute Regierungsarbeit leistet.
    Es ist einfach eine Sauerei eine Koalition, die eigentlich funktionieren könnte, hinzuschmeißen, nur um parteiinternen Interessen nachzugehen.
    Die ÖVP wird von den Wählern dazu hoffentlich ihr zustehendes Honorar bei den Neuwahlen erhalten.

  8. Das ist eine schweinerei was hier Kurz aufführt. Ich hoffe nur das die Wählerinen und Wähler genau wiesen worum es geht. Kurz will sich nur von der Arbeit drücken ,damit er Zeit hat Wahl zu Kämpfen. Aber das soll ihm
    nichts weiter helfen.Ich hoffe nur das die ÖVP mit Kurz nach der Wahl an 3 Stelle landet .

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