Nach-österliches Türenöffnen versus rechtspopulistisches Türenschließen

Die Osterbotschaft der Evangelien ist immer noch frisch.  Die Auferstehungsberichte in den Evangelien erzählen von der Furcht der Jüngerinnen und Jünger nach der Exekution von Jesus von Nazareth. In diese Situation der Ängste hinein wird das Wunder der Auferstehung geschildert. Christus ist eine Kraft, die selbst durch verschlossene Türen gehen kann. Ostern ist die Überwindung der geschlossenen Türen. Das klingt so ganz nach dem Psalmvers „mit meinem Gott überspringe ich Mauern“. Und 50 Tage nach der österlichen Zeit, nach vielen befreiend-bekräftigenden Erfahrungen, nach einer Überwindung von Ängsten und Furcht, machen die Jüngerinnen und Jünger Jesu ihre Türen sperrangelweit auf und beginnen in allen Sprachen zu reden. Farsi und Arabisch, Englisch und selbst Somali gehört zu ihren Fähigkeiten, würden wir in die heutige Sprachenlandschaft übersetzt sagen können.  Am Vierten Sonntag nach Ostern hören wir das Evangelium von Jesus, der von sich als „die Tür“ spricht. (Joh 10,1-10) Die Gemeinde des Johannes, obwohl schon beheimatet in der griechischen Antike, verwendet dieses Alltagsbild. In diesen Texten gibt es noch keinen Jesus, der „vom wahren Gott und wahren Menschen“ spricht. In dieser Zeit mussten sich die jungen Christengemeinden nicht intellektuell abquälen mit einem Verständnis von der Doktrin der hypostatischen Union, von der Art und Weise, wie in Jesus Gott und Mensch zugleich gegenwärtig geworden ist. „Ich bin die Tür“, basta.

Die mehrfache Türmetapher in den Evangelien kann wie eine Folie auf die herrschend-politische Wirklichkeit im Hier und Heute gelegt werden. Wir sehen, wie in den vergangenen Jahren sich die Türen geschlossen haben. Österreich hat einen Außenminister, der sich rühmt, als Schließer der Westbalkanroute in die Geschichtsbücher einzugehen und dies als Inspiration nimmt, auch die anderen Flüchtlingsrouten noch zu schließen. Im Außenamt regiert ein Mann, der Auffangzentren in Afrika als politische Antwort parat hält und zugleich meint, diese wären so wenig attraktiv, dass damit die Flüchtlinge nicht mehr auf die Idee kämen, sich auf den Weg zu machen. Die nationalen Grenzen – so Sebastian Kurz – sollen stärker kontrolliert werden, solange die EU-Außengrenzen nicht besser geschützt seien. Damit spielt der heimische Außenminister jene Klaviatur der Ängste, die in größerem Maßstab auch eine Marine Le Pen für ihren Präsidentschaftswahlkampf bediente. Je größer die Ängste, desto mehr Türen werden geschlossen, desto fester werden sie geschlossen. Abschottung statt offenen Türen für jene, die in extremer Not sind.

Wenn Jesus sich als Tür bezeichnet, so kann dies heute 1:1 auf jene Menschen und Organisationen gelegt werden, die Eingang gewähren, die Menschen hereinlassen, statt draußen zu halten. Die als „wahnsinnig“ titulierten Rettungsinitiativen im Mittelmeer sind solche jesuanischen Türen. Auch für jene, die hierzulande noch nicht müde geworden sind, Flüchtlinge zu unterstützen, die ihnen Türen durch Sprachunterricht, durch Integrationsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt oder Wohnmöglichkeiten öffnen, gilt das Jesuslogion: „Ich bin die Tür.“

Das heutige Sonntagsevangelium gilt freilich auch für all jene „zugeschlagenen Türen“ in unseren Lebenssituationen, die jeder und jede von uns kennt. Hier gilt es, entweder auf das leise oder laute Klopfen zu hören, das sich hinter den Türen verbirgt, oder selbst die Rolle des Klopfenden zu übernehmen. Im Buch der Offenbarung, 3:20, heißt es dann später vom immer wiederkehrenden Christus: „Ich klopfe an die Tür.“ Manchmal ist die Tür, wie das berühmte Gemälde in der St. Paul’s Kathedrale zeigt, schon mit Gestrüpp und Spinnweben zugewachsen und hat von außen keine Klinke. Von außen, so zeigt dieses Bild, klopft aber Jesus. Es liegt – so die bildlich umgesetzte Botschaft des Neuen Testaments – an uns selbst, Jesus die Tür zu öffnen, damit er hereinkommen kann, um bei uns zu Tisch zu sitzen und wir miteinander essen und feiern können.

Klaus Heidegger