Königliche Kniebeuger mit heilenden Gaben

Matthäus erzählt von den Weisen aus dem Morgenland. Die Erfahrungen der frühen Christenheit verdichtete er in eine wundersame Legende: Ein kleines Kind in der Krippe wird von geheimnisvollen Magiern aus dem Osten aufgesucht, die einem Stern folgen, um einen neugeborenen König zu finden. Mit dieser Erzählung will der Evangelist sagen: Aus diesem Kind wurde der Retter der Welt, der als stärker erfahrbar wurde als all die Könige und Herrscher bislang. Wer weise ist wie die Weisen aus dem Morgenland, wird sich der göttlichen Weisheit öffnen. Die Tradition hat später aus den Sterndeutern Drei Könige gemacht. Die Botschaft des Kindes, der als Messias erkannt und dann als „König der Juden“ bezeichnet wurde, ist das neue königliche Regierungsprogramm. Vor ihm werden sich „Könige“ beugen. Was unsere Welt heute so dringend braucht, was an allen Ecken und Enden unserer Gesellschaft wirklich ist oder bedürftig noch bleibt, das symbolisieren die traditionellen Gaben von Caspar, Melchior und Balthasar.

Geschenkt wird erstens die Myrrhe. Das kostbare Heilmittel wurde schon immer bei Krankheiten verwendet. Mehr als je zuvor streben wir im Neuen Jahr 2021 nach heilenden Kräften und nach Schutz vor Krankheit. Die Myrrhe ist heute der Impfstoff, der die Pandemie beenden könnte. Doch sind wir bereit dazu im „Heiligen Land“? Laut TT-Umfrage würden sich nur 57 Prozent mit dieser Form von Myrrhe impfen lassen. Vielleicht denken doch immer noch zu viele an sich, nicht aber daran, dass man selbst einen Beitrag leisten könnte, um der Pandemie wirksam zu begegnen und damit andere zu schützen. Metaphorisch betrachtet würden heute die Drei Könige vielleicht auch FFP-2-Masken oder Hygiene-Artikel bringen. Schließlich wurde in der Krippe von Betlehem der „HEILAND“ geboren.

Geschenkt wird zweitens das Gold. Im Deutschen klingt es fast wie Geld. Es ist etwas, über das „MAN“ nicht spricht, schon gar nicht zur Weihnachtszeit. Und doch ist es so notwendig. Etwas vom Gold ist das, was jene dringend brauchen, die viel zu wenig haben. Und es sind in Zeiten der Pandemie Millionen mehr geworden. Corona trifft jene besonders hart, die ohnehin schon die Verlierer in ungerechten Systemen waren. Es sind die Flüchtlinge in den Lagern am Rande Europas, deren Schicksal angesichts der Corona-Pandemie noch dramatischer geworden ist. Es sind die unzähligen Menschen in den Ländern des Südens, die durch die Pandemie ihre Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten verloren haben. Die Katholische Jungschar versucht hier mit der Dreikönigsaktion zu helfen, die in diesem Sinne eine legitime Nachfolgerorganisation der Drei Könige ist. Möge viel „Gold“ in die Hütten und Armutsviertel Indiens gelangen! Die Caritas sieht die Not jener hierzulande, die durch die Krise noch ärmer geworden sind, jene, der Geldreserven aufgebraucht sind, alleinerziehende Frauen, die womöglich durch Kurzarbeit nicht genug verdienen, Obdachlose, die auf Notschlafstellen angewiesen sind. Das Gold heute sind die Spenden, mit denen Menschen in Not geholfen werden kann.

Geschenkt wird schließlich der Weihrauch. Für Matthäus ist es Zeichen göttlicher Gegenwärtigkeit. Heute ist es der Rauch der Solidarität in einer von der Pandemie getroffenen Welt, in der Arme noch ärmer und Einsame noch einsamer geworden sind. Der köstliche Duft symbolisiert das Göttliche in unserer Welt. Es ist die Kraft der Liebe, die uns brennen lassen kann. Es brennt im Feuer der Leidenschaft.

Klaus Heidegger, Vorsitzender der Katholischen Aktion der Diözese Innsbruck