Der Blick in den Himmel zeigt eindeutig. Es wird ein strahlender Sonnentag zwischen regnerisch-gewittrigen Tagen. Fast wie eine Metapher für das Leben. Der Wetterbericht hatte es angekündigt. Ja, heiß wird es werden, 33 Grad im Tal unten. Solche Wetterlage ist ideal für das heutige Unternehmen mit einer Arbeitskollegin. Es ist besonders wertvoll, nicht allein unterwegs zu sein, vor allem wenn es Verbindendes gibt und man sich aufeinander verlassen kann – nicht nur im gemeinsamen Arbeitsumfeld. In der Einsamkeit der Bergwelt erweist sich der Wert von Freundschaft besonders.
Bike
Von Stans kommend geht es mit den Rädern dann über Weng (8.25 Uhr) und Bärenrast zunächst über Asphalt und dann einen Forstweg entlang der Schlucht des Stallentals bis ins Almgebiet der Stallenalm. Ein wunderbarer Bergwald. Nur einmal überholt uns eine Gruppe von E-Bikern. Ansonsten Einsamkeit an diesem Sommertag. Nach den Schluchten des Stallentals weitet sich nun das Almgebiet. Ein Transparent warnt vor dem „bösen Wolf“ und erinnert an die Dauerdiskussion über die Ansiedlung der Wölfe. Allerdings sind hier gar keine Schafe. Gleich hinter der Stallenalm (1400 HM) lassen wir die Räder stehen und lehnen sie an eine alte Eibe. Die Anfahrt über die steilen Rampen auf grobschottrigem Grund bis zur Hütte wäre nur eine Quälerei.
Hike
Der alte Steig hinauf zur Lamsenjochhütte ist schon lange wegen Felssturz gesperrt. An diesem Sommertag ist aber kein Steinschlag zu befürchten. Unser Ziel, die Lamsenjochspitze, haben wir nun immer vor Augen. Es ist eine imposante Berggestalt. Freistehend hebt sich der Gipfel in strahlendem Karwendelgesteinweiß vom tiefblauen Himmel ab. Die Enziane sind so blau wie der Himmel. Schmetterlinge erfreuen sich an den bunten Bergblumen. Ich fühle mich so leicht wie sie. Auf der rechten Seite sind die mächtigen Nordwände der Vomper Kette. Überraschend schnell ist die Lamsenjochhütte (1953 HM9 da. Sie liegt wunderschön am Knotenpunkt mehrerer Wanderwege etwas unterhalb vom Lamsenjoch und direkt am Fuß der Ostflanke der Lamsenspitze.
Climb
Von der Hütte sind es nur wenige Meter bis zum Einstieg vom Klettersteig zum Brudertunnel. Zackig und kurz aber nicht wirklich schwer geht es die Wand hinauf. Der Brudertunnel ist angenehm kühl. Wasser tropft herab. Und dann ist auch schon der Ausstieg und die Querung hinüber auf der anderen Seite des Berges. (12.00 Uhr) Noch einmal folgt ein weiterer Klettersteig – ich hatte ihn bereits vergessen seit der letzten Besteigung vor vielen Jahren – und über schottrigen Fels geht es dann hinauf zum Kreuz. (2508 HM) Wir sind zunächst allein am Gipfel. Die Aussicht mit dem 360 Grad-Panorama ist unerschöpflich. Eine Alpendohle frisst Rosinen aus meiner Hand. Es ist knapp vor eins. Viereinhalb Stunden von Weng aus.
Return
Achtsam sind die Schritte auf schottrigem Untergrund über den Abgründen. Die Stahlseilversicherungen weisen sicher den Weg. Von der Lamsenjochscharte geht es nun den Normalweg zur Hütte. Das letzte Stück springen wir die Reise hinunter und es gibt noch Kaiserschmarren und Johann auf der Hüttenterrasse unter vielen freundlichen Menschen. Retour geht es dann schnell. Bergblumenwiesen. Steinehüpfen am verwachsenen Steig. Alm und mit Rad durch Bergwälder hinaus ins Inntal. Reich beschenkt. Refilled with energy. Und als Theologe spürte ich wieder: Es gibt Göttliches, das uns im Leben voller Höhen und Tiefen begleitet.
Klaus Heidegger, Montag, 12. Juli 2021