Von Blautönen und einer Skitour auf den Hohen Kopf

Der Himmel ist blau, himmelblau, tiefblau – nicht jenes Blau, das nicht das Blau des Himmels ist, nicht das Blau der Blauen, die sich an diesem Wochenende in der Steiermark zum Neujahrstreffen treffen, bei dem ein Möchtegern-Volkskanzler mit derben Rundumschlägen auf seine Gegner losschlägt. Um 8:45 Uhr fährt am Wochenende ein Shuttlebus vom Weerberg nach Innerst (1283 m). Dort stehen Autos auf der engen Bergstraße weit hinaus, obwohl eine Ampel bereits am Weerberg rot anzeigte. Eigentlich wollten wir auf den Kleinen Gilfert gehen, kommen aber dann versehentlich auf die Spur, die hinein ins Nurpenstal führt. Ein wenig geht es dann entlang der Rodelbahn Richtung Weidener Hütte bis zu einem Schild, das „Hoher Kopf“ anzeigt.  Der Schnee knirscht unter den Fellen, die Schneekristalle leuchten kristallen – und ich möchte vergessen die Angst in mir: vor jenen neofaschistischen Kräften im Land, die mit kruden Worten selbst „Remigration“ in ihren menschenverachtenden Masterplan packen. Ich tauche hinein in die Welt der Berge, vorbei an Zirben, die selbst im Winter noch nach Zirben riechen, bin dankbar, dass es nicht nach Abgasen riecht. Ich höre in die Stille hinein, bin dankbar, dem Motorenlärm der Stadt entronnen zu können. Die Aufstiegsspur geht mehrmals durch Almsiedlungen, auf deren Dächern viel Schnee liegt. Am Himmel ziehen Flugzeuge weiße Kondensstreifen in den tiefblauen Himmel und ich denke an Menschen in weiter Ferne. Worte zu wechseln während des Gehens weist manchmal Auswege gegen einsames Gedankenkreisen. Obwohl der Hohe Kopf zu den beliebten Tourenzielen in den Tuxer Alpen zählt, obwohl die Bedingungen traumhaft sind, sind nur wenige unterwegs. Die meisten zieht es auf den Gilfert oder den Rosslauf. Skitechnisch ist der Gipfel leicht. (2373 m) Besonders wird jedoch heute die Abfahrt. Unser Begleiter ermuntert uns die Nordosthänge in Richtung Nurpens zu nehmen. Die Lawinensituation passt heute dafür. Dort sind schon ein paar Spuren. Herrlicher Pulverschnee, in dem sich Schwünge federleicht ziehen lassen. Unten geht es problemlos über den Bach und die Schiebestrecke stört auch nicht. Es überwiegt die Freude über ein wunderbares Seitental. Immer wieder dankbar zugleich, nicht alleine unterwegs zu sein. Um halb zwei fährt der Shuttlebus wieder hinaus von Innerst ins Tal. Ein wenig hat Bergsteigen wohl auch mit Eskapismus zu tun, einer Flucht vor der Welt mit ihren multiplen Krisen, mit all den schrecklichen Kriegen und der Zerstörung der Umwelt. Dann wiederum spüre ich, viel von dem Blau des Himmels getankt zu haben, das Kraft schenkt, um für ein Himmelblau in der Wirklichkeit des Lebens zu kämpfen.

k.heidegger, 13.1.2023

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