
Wieder einmal wird mir die Gelegenheit geschenkt für ein neues Ziel, für eine Skitour im unbekannten Terrain und damit auch neue Bergerfahrungen und schließlich damit verbunden auch für die Frage, wie es wohl werden wird mit Steilheit und mit Exponiertheit bei dieser Tour. Die Möglichkeit zu solcher Erfahrung und den Mut dazu geben zwei Menschen, die mich zur Teilnahme einluden. Das Ziel ist der Berg mit dem vielsinnigen Namen „Schafgrübler“ (2922 m), der wohl nicht so heißt, weil es Schafe gäbe, die grübeln würden, sondern vielmehr wegen der Grube, in der sich im Sommer Schafe befinden könnten. Der Gipfel steht im Schatten der größeren und mächtigeren Berge, die sich rund um die Franz-Senn-Hütte befinden mit den stolzen Namen wie Ruderhofspitze, Wildes Hinterbergl oder Rinnenspitze. Der Schafgrübler ist einer der Gipfel auf der Bergkette, die das Lüsnertal und das Obernbergtal voneinander trennt.
Bergruhe wird gleich nach dem Parkplatz in Sedluck erfahrbar. Sanft ansteigend geht es den Fahrweg hinein zur Oberißalm. Heute frühmorgens ist das Almdorf ganz verschlafen. Wir sind die einzigen am Weg Richtung Franz-Senn-Hütte. Harscheisen bewähren sich auf der eisig-harten Spur des Hüttensteigs über der Schlucht. Imposant thront dann die Franz-Senn-Hütte umgeben von mächtigen Bergriesen über einem steilen Abbruch. Wir zweigen vorher in die Südhänge des Schafgrüblers ab. Einmal heißt es auf einem Steig die Schi abzuschnallen und ein Stück zu Fuß gehen. Dann wieder Hänge, die sehr steil sind. Zum Glück ist in der warmen, fast sommerlichen Witterung der Schnee schon weich. Die Gegend ist atemberaubend schön. Außer uns ist niemand unterwegs. Kurz vor dem Schidepot wird der Hang dann nochmals sehr steil. Für den Aufstieg vom Schidepot zum Gipfel bin ich dankbar, dass ich Pickel und Steigeisen mitgenommen habe. Steil fallen die Nordabhänge ins Lüsener Tal ab. Mächtig thront der Lüsener Fernerkogel gegenüber. Der Himmel ist strahlend blau. Das Holzkreuz am Gipfel mit den vielen Bohrlöchern ist mir noch gut in Erinnerung, als ich vor ein paar Jahren mit einer AV-Gruppe im Sommer hier war. Die Wärme des Tages hat den Schnee schnell sulzig gemacht. Ein paar Schwünge im Firn und selbst im Pulver sind aber auch noch drinnen und etwas herausfordernd ist dann die Abfahrt entlang des pickelharten Weges, der zur Franz-Senn-Hütte führt. Umso entspannter geht es schließlich den langen Fahrweg hinaus zum Ausgangspunkt. Grübeln lässt mich einmal mehr der Blick auf die Südhänge und das schneelose und ausgetrocknete Stubaital. Wie wird es mit dem Klima wohl weitergehen? Wenn ich dann die Lkw- und Pkw-Kolonnen auf der Brennerautobahn sehe, dann spüre ich kaum Hoffnung, dass sich ein Klimakollaps noch verhindern lassen könnte.