
Frühling. Längst sind die Sonnenhänge bei Fließ im Oberen Inntal schneefrei. Nicht erst jetzt in Zeiten des Klimawandels zählt diese Gegend zu den niederschlagsärmsten in Österreich. Durchschnittlich 600 Milliliter waren es in den vergangenen Jahren. Wie es mit der Situation der Erderhitzung und extremen Niederschlagsereignissen weitergehen wird, lässt sich noch nicht absehen. Fix ist, dass wir 2025 bereits wieder die wärmsten Monate seit Aufzeichnungsbeginn hinter uns haben und dass der niederschlagsärmste Winter in die Geschichte eingehen wird. Früher, als die nährstoffreichen und sonnenbeschienen Hänge des Kaunergrats die Basis für die Landwirtschaft darstellte, von der die Menschen vorwiegend lebten, galt es daher Bewässerungssysteme zu etablieren. Heute noch reicht ein Wal von der Galruttalm über die Hänge des Kaunergrats weit nach Norden. Zwischendrin wurden kleine, künstlich angelegte Teiche angelegt. Man nannte sie Piezen. Heute sind es kleine Biotope für zahlreiche seltene Tierarten. Von Flechten überzogene Steinplatten aus Quarzphylitt und Graubündner Schiefer sind zwischen den trockenen Weiden. Wieder einmal spaziere ich in dieser Gegend und nehme mehr als in meiner Jugendzeit die Besonderheiten wahr. Früher war ich mehr an den majestätischen Gipfeln des Kaunergrats interessiert, die mir heute fast unbesteigbar erscheinen. Rofelewand oder Watzespitze waren aufgrund der vergletscherten Flächen auch noch leichter zu besteigen. Früher war das ganze Gebiet auch noch nicht Naturpark Kaunergrat. Im Piller Moor wurde noch Torf abgebaut – aus heutiger Sicht ein kapitales Umweltverbrechen. Prallvoll sind die goldbraunen Blütenstände der Haselstauden. Auf seinem Grundstück hat ein Bauer Weinstöcke gepflanzt. Heute hat der Pfarrer von Fließ auf dem pfarreigenen Grundstück eine Reihe von Kastanienbäumen gesetzt – ganz so nach dem Motto, das Martin Luther zugeschrieben wird: Wenn morgen die Welt untergeht, so pflanze ich heute noch ein (Apfel-)Kastanienbäumchen.