Klaus von der Flüe: Die aktuelle Friedensbotschaft eines mittelalterlichen Heiligen

Der Friedensheilige

Die Eckdaten des Schweizer Nationalheiligen, der nicht zufällig mein Namenspatron wurde, lassen sich stichwortartig wie folgt wiedergeben: Niklaus von Flüe ist 1417 in der Mittelschweiz geboren, war Bergbauer, Politiker, Richter und Soldat und vor allem aber Vater von zehn Kindern und Ehemann von Dorothee. Mit 50 Jahren zog er sich im Einverständnis mit seiner Frau in eine Einsiedelei wenige Minuten von seinem Hof entfernt zurück. Die Legenden erzählen, dass er während der nächsten zwanzig Jahre nichts aß. 1487 ist er gestorben. Bruder Klaus gilt seither als DER Nationalheilige der Eidgenossenschaft und als europäischer Friedensheilige. Seine Haltung zu Besitz und Eigentum, seine Beziehung zum Göttlichen und seine Orientierung an der Vernunft sind auch die Elemente seines Friedenshandelns.

Vom rechten Umgang mit den Gütern dieser Welt

Das Glück und Heil der Welt und des persönlichen Lebens liegen nicht in der Fülle an materiellen Dingen, sondern im Freisein von ihnen. Diese im Leben des Heiligen Klaus verdichtete Botschaft gilt heute genauso wie damals im 15. Jahrhundert für unsere Gesellschaft und Wirtschaft- Konsumismus und kapitalistische Verwertungslogik tragen heute zur Zerstörung des Planeten beitragen, die unermessliche Gier nach dem Verbrauch von Gütern und der rücksichtslose Abbau von Ressourcen vernichten die Lebensgrundlagen des Planeten Erde. Der Mystiker aus der Schweiz lebte nach dem Grundsatz der Theresa von Avila: Solo dios basta – Gott allein genügt. Eines seiner Gebete begleitet mich seit Kindestagen: „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.“ Bruder Klaus konnte seinen Besitz loslassen, weil er das Glück in Gott finden konnte.

Gottverbundenheit als Verbundenheit mit Menschen und Erde

Dieser Gott darf freilich nicht als der ferne, allmächtige, überirdische, transzendente Gott verstanden werden. „Gott“ wird auch für den Mann Klaus von der Flüe erfahrbar geworden sein in seiner ganzheitlichen Liebesbeziehung mit seiner Frau Dorothee, in der Liebe zu den Kindern, in den Freundschaften im Dorf sowie in dem bäuerlichen Eingebundensein in die Natur. Eine solche Gottverbundenheit gibt Kraft und ist keine billige Vertröstung. Auf diese Gottkraft kann man sich, wie es im Bruder Klaus-Gebet formuliert wird, ganz einlassen. Dazu braucht es freilich sowohl ein befreiendes Loslassen von materiellen Dingen wie ein Einlassen auf die göttlichen Dimensionen.

Vernunftgeleitetes Handeln

Das größte Geschenk Gottes sei die Vernunft, sagte damals schon im ausgehenden Mittelalter der Einsiedler Klaus. Vernunft und tiefer Glaube sind kein Gegensatz, sondern brauchen einander. Wo der Glaube ohne Vernunft ist, wird es gefährlich. Da sind wir bei den destruktiven religiösen und politischen Fundamentalismen und bei den Phobien gegen Fremde oder Menschen, die anders als der Mainstream sind. Am Beispiel von den evangelikalen Kräften in den USA – von Charlie Kirk über Donald Trump – wird diese gefährliche vernunftlose Religiosität sichtbar. Wo Glaube und Vernunft getrennt sind, sind wir bei Gesetzen, die völlig unvernünftig sind, aber als Produkte von Ängsten und Vorurteilen doch gestaltende Macht besitzen. Wo die Vernunft verschwindet, sind wir bei den Verschwörungstheorien. Zugleich braucht die Vernunft auch den Glauben. Was manchen oft für vernünftig erscheinen mag, erweist sich im Glauben an das Göttliche, der stets auf Erfahrung ruhen sollte, als egoistische Verirrung oder teuflische Versuchung zur Gewalt.

Frieden stiften

Der politische Friede kommt nicht durch Bomben und Aufrüstung. Vom Klaus von der Flüe hieß es, dass er sich während des Krieges lieber in die Büsche zum Gebet schlug als zu kämpfen. Ihm gelang es dann, durch Verhandlungen einen langandauernden Friedensvertrag zu schmieden, der ihn zum Friedenspatron und zum Landespatron der Schweiz werden ließ. Gegen eine Welt voll Krieg und Kriegsvorbereitungen verkörpert Bruder Klaus die pazifistische Option.

Bruder Klaus aus Flüeli ist Botschafter für ein einfaches Lebens, für die Immanenz des Göttlichen, für die Befreiung von Gewalt und für die Verbindung von Vernunft und Glaube.

Klaus Heidegger, am Festtag des Klaus von der Flüe, 25.9.2025

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